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Sommersaison bei Sotheby‘s

Nach dem Rekordumsatz der letzten Herbstsaison (über 422 Millionen Dollar allein in der Rubrik Impressionismus und Moderne) verspricht das Londoner Auktionshaus auch für dieses Jahr einige Highlights. Zu den am höchsten gehandelten Favoriten gehören wieder einmal Bilder von Giacometti und Picasso. Ein weiterer Schwerpunkt, der die Veränderung in der internationalen Sammlerszene widerspiegelt, liegt auf russischen Werken des 19. Jahrhunderts und der chinesischen Gegenwartskunst (Zaou Wou-Ki). Aber auch indianische Kunst und feinstes traditionelles Handwerk aus Ostasien werden wieder stark nachgefragt. Wie immer eine gute Wertanlage: Weine aus dem Bordeaux. Hier erzielen bereits die hervorragenden Chatêaux der Jahrgänge 1992 und 1996 Spitzenpreise. Bis Oktober wird es insgesamt 55 Auktionen geben, doch die wichtigsten fanden schon Anfang Juni (u.a. Art Contemporain, Art Impressionniste et Moderne; beide in Paris) statt. Wir haben uns sechs Werke aus drei Kategorien ausgesucht und stellen sie Ihnen vor. 

Maurice Denis (1870 - 1943) - LA PALAIS DE LA REINE DE VOLUPTÉ FROM LA LÉGENDE DE SAINT CHRISTOPHE

Schätzung: 23.500 bis 33.000 Euro 

 

Die vorliegende Arbeit ist eine Skizze für das Bühnenbild der ersten Szene des ersten Aktes von La Légende de Saint Christophe (1920), ein Oratorium von Vincent D‘Indy, für das Maurice Denis die Bühnenbilder und Kostüme entwarf. Zwischen 1908 und 1915 komponiert, handelt es sich bei diesem Bühnenwerk um die Bearbeitung von Teilen der mittelalterlichen „légende dorée“ von Jacques de Voragine. Aufgrund des Kriegsausbruchs konnte das Stück erst 1920 in Paris uraufgeführt werden. Denis‘ Bühnenentwurf bleibt der opulenten Ästhetik des Jugendstils der Vorkriegszeit verhaftet. Sein Eröffnungsbild zeigt den Palast der Göttin der Lüste in einer eigentümlichen Vermischung von barocken und exotischen Elementen. Das in der Mitte der Bühne platzierte Himmelbett mit Straußenfedern erinnert an das Bühnenbild zum ersten Akt des Rosenkavaliers von Richard Strauss (1911). 

Albert Anker (1831 - 1910) DAS LIED DER HEIMAT

Schätzung: 1.814,800 bis 2.101,300 Euro 

 

Gepflegt und hübsch gekleidet sitzt ein Mädchen am Klavier und spielt mit seinen feingliedrigen Fingern ein Musikstück auf dem Tasteninstrument. Der blondschopfige Bruder und ein älterer Mann - wahrscheinlich der Großvater des Mädchens - hören ihrem Spiel gebannt zu. Der Gesichtsausdruck des Mannes verrät, dass ihn seine Gedanken weit weg getragen haben, vielleicht in seine Jugendzeit. Der Titel des Bildes gibt dazu näheren Aufschluss: Bei dem großformatiges Gemälde handelt es sich um die zweite Fassung des 1868 entstandenen Bildes Die polnischen Verbannten. Bei der Familie handelt es sich demnach um polnische Exilanten, die durch die politischen Auseinandersetzungen in ihrem Heimatland gezwungen waren, dieses zu verlassen. 

Andy Warhol (1928 - 1987) SOFU TESHIGAHARA

Schätzung: 363.300 bis 484.400 Euro 

 

Bei beiden Werken handelt es sich um Teile einer Serie von Polaroids, die von Warhol nachträglich verfremdet wurden. Abgebildet ist der im Jahre 1900 geborene japanische Ikebana-Künstler Sofu Teshigahara. Er ist bekannt für seine Erweiterung der traditionellen japanischen Kunst des Blumenschmucks und des Anlegens von Steingärten: So arbeitete Teshigahara nicht nur mit natürlichen Materialien wie Holz oder Moos, sondern auch mit Metall, Plastik oder Glas und kreierte einen eigenen, moderneren Stil, das Sogetsu. Andy Warhol traf ihn 1974 während eines 10-tägigen Japan-Aufenthalts und machte etwa 25 Polaroids. Das Bild zeigt einen in sich ruhenden, dem Betrachter zugewandten Teshigahara, den die von Warhol kreierte Farb-Aura in das Pantheon der Pop-Art aufnimmt. 

Patrick Heron (1920 - 1999) LEMON INTO CADMIUM - OCHRE INTO BLACK: APRIL - MAY 1959

Schätzung: 556.600 bis 834.800 Euro 

 

Dem Engländer Patrick Heron, einem der wichtigsten Vertreter der abstrakten europäischen Malerei, gelingt hier die Gegenüberstellung von flächiger Farbigkeit und räumlich empfundener Tiefe: Markante Pinselstriche grenzen einzelne Farbfelder in geometrischen Formen voneinander ab. Die Erfahrung von Räumlichkeit ist damit nicht zuletzt das Ergebnis der Konfiguration der Farben. In der Verwandlung, die der Titel suggeriert, lassen sich Anklänge an die Alchemie ausmachen. Damit gehört Lemon into Cadmium - Ochre into Black zu einer Serie von Bildern der späten 1950er Jahre, in denen es dem Maler um „space in colour“ - so der Titel einer Aus- stellung aus dem Jahr 1953 - ging. 

Pablo Picasso (1881 - 1973) HOMME AU MAILLOT

Schätzung: 1.800,000 bis 2.500,000 Euro 

 

Die vorliegende Arbeit gehört zu einer Serie von Porträts, die im Jahre 1964 - der Künstler war zu diesem Zeitpunkt bereits 84 Jahre alt - begonnen wurde. Innerhalb weniger Tage malte Picasso 29 Variationen zu diesem Thema. Dabei variierte er ständig die Frisuren und Physiognomien. Unklar ist, ob es sich bei dem Porträtierten um einen alten oder jungen Mann oder gar um ein Selbstporträt des Künstlers handelt - die blauen Breton-Streifen sind geradezu ein Markenzeichen des späten Picasso. Stilistisch zeigt sich hier der Altersstil: auf das Wesentliche reduzierte Form- und Farbgebung und Spontaneität in der Ausführung. Der dicke Farbauftrag und die elliptisch geschwungenen Pinselstriche rücken das Gemälde in die Nähe des Action Paintings.