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Lang Lang: "Wir Musiker sind auch normal."
Es braucht eine besondere Art von Engagement, aus der kleinen chinesischen Stadt Shenyang zu kommen, als kleines Kind in die große Stadt zu reisen, um die Aufmerksamkeit der besten Musik-Professoren des Landes zu gewinnen. Und dann das Heimatland ganz zu verlassen, um sich dem weltberühmten Curtis Institute of Music in Philadelphia, USA, anzuschließen. Lang Lang erreicht all dies früh. Wir begleiteten seinen Besuch in Dresden.
Er begann im Alter von drei Jahren Klavier zu spielen, gewann den Shenyang-Wettbewerb und gab sein erstes öffentliches Konzert als er fünf war. Er trat Pekings zentraler Musikhochschule im Alter von neun Jahren bei und gewann den ersten Preis beim Internationalen Tschaikowsky-Young Musicians Wettbewerb an der Beijing Concert Hall mit 13. Dann verließ er China und reiste nach Amerika zum großen Klavierlehrer Gary Graffman. Und als sein Moment kam, war Lang Lang bereit. Bei einem dramatische Last-Minute-Einsatz als Ersatz für den berühmte Andre Watts in der „Gala des Jahrhunderts“, spielte er ein Tschaikowsky-Konzert mit dem Chicago Symphony Orchestra. Über Nacht wurde er ein Star und gehört heute zu den weltweit besten Pianisten. Es war also eine ganz besondere Ehre, dass Lang Lang trotz seines Mega-Pensums von rund 120 Konzerten pro Jahr weltweit, mit der Dresdner Staatskapelle das berühmte Silvesterkonzert in der Semperoper bestritt. Natürlich nutzte der Pianist die Zeit auch, sich einige Tage in der Landeshauptstadt umzusehen. Lang Lang, der schon vor sieben Jahren in Dresden war, genoss es, an der Elbe und im Stadtzentrum spazieren zu gehen. Er liebt besonders den Blick von der Augustusbrücke auf Semperoper, Zwinger, Hofkirche und die Brühlschen Terrassen. Für ihn war Dresden schon immer wie eine große Bühne. „Dresden ist eine sehr inspirierende Stadt. Ich bin auch von New York und Paris inspiriert, aber Dresden ist großartig“, schwärmte er. Er lobte auch den besonderen Klang der Dresdner Staatskapelle. „Er ist einzigartig.“ Der 33-Jährige besuchte beim Dresden Aufenthalt auch die Gläserne Manufaktur von Volkswagen. Seit drei Jahren ist Lang Lang Markenbotschafter des VW-Konzerns. Neben seiner Musik, liebt er Autos und Flugzeuge. Er ist auch Markenbotschafter von VW und Hubolt. Doch mehr als alles andere liebt er die Musik. „Ich bevorzuge Live-Konzerte, da habe ich mehr Spaß“, erklärte er. „Studioaufnahmen sind in Ordnung, aber auf der Bühne lebe ich, kann spielen ohne zu denken.“ Lang Lang engagiert sich sehr für die Zukunft der Klassischen Musik. „Es gibt ein paar Dinge, die wir ändern müssen. Die erste Sache ist Musikerziehung. Das ist die Nummer eins. Ich empfehle jedem Musiker, einige Zeit als Freiwilliger an Schulen zu verbringen, in Grundschulen und Kindergärten. So bekommen die Kinder den besten Eindruck von Musik.“ Außerdem braucht es in Gemeindezentren und Konzerthallen interessante Programme mit interessante „Werke“. „Wir können nicht einfach faul sein.“ Social Media sei ein perfekter Weg, um zu zeigen, wie cool klassische Musik und Musiker sein können. Das lebt Lang Lang auf jeden Fall. Auf Instagram postete er ein Bild von sich aus dem Kempinski Hotel mit Silvestertröte und Grimasse. „Ich will zeigen, dass wir Musiker nicht nur in der Geschichte leben, sondern in einer realen Welt mit Ausgehen, einer schönen Zeit, gutem Essen und Spass.“ Klar verbringe er auch viel Zeit versteckt in Konzertsälen. „Aber wir sind auch normal.“ Wir freuten uns jedenfalls, so einen normalen Lang Lang in Dresden zu erleben und hoffen auf ein baldiges Wiedersehen und vorallem Hören!
Text: Anja K. Fließbach
Bravo für das Treffen der Weltstars
Lang Lang, die Dresdner Staatskapelle mit Kapell-Chef Christian Thielemann, Rinat Shaham und Lucas Meachem bei einem grandiosen Konzert in der Semperoper
Von Anja K. Fließbach
Es war ein wahrlich großer Abend, als Lang Lang, eine der faszinierendsten Persönlichkeiten der Musikszene, mit seinem Auftritt die Gäste des Silvesterkonzertes in der Semperoper und einen Abend später Millionen ZDF-Zuschauer am TV begeisterte. Lange war die hochspannende künstlerische Begegnung erwartet worden, als Kapell-Chef Christian Thielemann und seine Musiker der Staatskapelle gemeinsam mit dem chinesischen Ausnahmepianisten sowie den beiden Gesangssolisten Rinat Shaham und Lucas Meachem Werke von Grieg, Gershwin, Bernstein und Porter interpretierten. Und keine Frage, das Gipfeltreffen war Extraklasse! Schon der Auftakt, als Lang Lang offen und emotional Edward Griegs Klavierkonzert a-Moll op. 16 lebte, war das Publikum begeistert und jubelte dem Weltstar zu. Auch Dirigent Christian Thielemann war sichtlich enthusiastisch ob der Zusammenarbeit mit dem Ausnahme-Pianisten. Thielemann selbst genoss das Konzert und gab dem Abend mit seinen fast schon schauspielerischen Einlagen besonders im Gershwin-Teil mit Humor und Schwung die Würze. Auch wenn Mezzosopranistin Rinat Shaham sowohl in der Darbietung als auch in Bezug auf die charmanten Flirtversuche des Dirigenten bei „Embraceable You“ aus „Girl Crazy“ eher zurückhaltend blieb. Der amerikanische Bariton Lucas Meachem interpretierte „Lady Be Good“ durchaus schwungvoll, doch die „Rhapsody in Blue“ mit Lang Lang und der Staatskapelle war der Höhepunkt. Mit „fliegenden Fingern“, geschlossenen Augen und verzücktem Lächeln schwelgte Lang Lang in Gershwins Musik. Der Pianist, der von sich selbst sagt, dass er mit den Jahren die Komponisten immer besser lesen kann, machte die „Rhapsody in Blue“ zu seiner eigenen Kreation. Dagegen hatte es Rinat Shaham, die in ihren prächtigen Kleidern zumindest der optische Reiz des Abends war, schwer. Lucas Meachem hingegen bekam sogar Zwischenapplaus als er bei „I love Paris“ aus „Can-Can“ von Cole Porter eine kleine französische Flagge schwenkte und sie anschließend als Einstecktuch an sein Herz steckte. Das Finale war begleitet von Goldregen und Beifall. Kein Wunder, dass es minutenlange stehende Ovationen gab für eine wahre Meisterleistung der Weltstars, allen voran Lang Lang und natürlich der erstklassigen Staatskapelle, die nicht nur den perfekten Rahmen gab, sondern im partnerschaftlichen Zusammenspiel ihre grandiosen Fähigkeiten demonstrierte. Bravo!