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Wie lebt der Prinz von heute? - Gespräch mit Alexander Prinz von Sachsen
Alexander Prinz von Sachsen ist der designierte Chef des Hauses Wettin und wäre demnächst unser König. Disy-Chefredakteurin Anja K. Fließbach traf ihn zu einem intimen Gespräch über den sächsischen Hochadel am Kamin im Dresdner Romantik-Hotel Pattis.
Prinz Alexander, Ihre Familie hat lange dieses Land regiert …
Im Jahr 1098 wurden unsere Vorfahren vom deutschen König zu Markgrafen von
Meißen ernannt. Man könnte sogar sagen, dass wir damals unser Business gestartet
haben. Wir sollten das Deutsche Reich vor Angriffen von östlicher Seite schützen,
also vor den Vandalen. Das haben wir damals so erfolgreich getan, dass wir knapp
tausend Jahre dieses Land regierten.
Sind die Menschen heute noch beeindruckt, dass Sie sächsischer Thronfolger sind, oder spielt das keine Rolle mehr?
Für mich ist das kein Vorteil, weil die Leute natürlich eine sehr hohe Erwartungshaltung haben, wenn man auftritt. Manche sehen einen von vornherein negativ an, andere überpositiv. Aber für Sachsen ist es toll; vor allem in den Ländern, in denen es noch nie eine Monarchie gegeben hat, wie in der Dritten Welt, trifft man uns mit ganz großem Erstaunen und mit großer Freude.
Sie werden mit Ihrem Titel „Königliche Hoheit“ begrüßt?
Natürlich. Wenn es heißt: „Your Royal Highness wird heute zu Ihnen sprechen“, ist die Überraschung groß, dass da ein ganz normaler Mensch kommt, sich freundlich unterhält und auf die Menschen zugeht.
Sie sind also ein volkstümlicher Prinz?
Absolut. Wenn Sie meinen Urgroßvater Friedrich August III. gekannt hätten, hätten Sie festgestellt, dass wir Wettiner immer sehr volkstümlich waren und es auch sein wollen.
Wohnen Sie wenigstens auf einem echten Schloss?
Nein, ich wohnte bis vor kurzem in einer Wohnung, jetzt in einem kleinen Haus. Die Schlösser gehören der Vergangenheit an. Ich bin sicher, dass der Freistaat Sachsen die Schlösser sehr gut bewahrt. Wir sind ganz glücklich, dass wir auf einer kleineren Fläche wohnen können.
Wo steht Ihr Haus?
Direkt in Dresden. Wir haben das große Glück, dass wir direkt am Großen Garten wohnen, also auf der schönen Seite von Dresden.
Sieht man Sie da morgens joggen, um sechs vor der Arbeit?
Ja, vor allen Dingen der Straßenbahn hinterherjoggen, weil ich immer zu spät komme.
Sie fahren mit der Bahn?
Ich fahre immer ins Ministerium mit der Straßenbahn und freue mich, dass ich mich dabei mit den Dresdnern unterhalten kann. Die sind überrascht und sprechen mich oft an. Es ist interessant, deren Gesichtspunkte zu hören.
Aber Sie haben schon ein Auto, oder?
Auto ist ein bisschen untertrieben, als sechsköpfige Familie haben wir einen großen Bus. Mit dem fahren wir durch die Weltgeschichte und versuchen, alle Kinder, Hund, Fahrräder und Gepäck reinzupacken.
Wo fahren Sie hin, wenn Sie Freizeit haben?
Wir versuchen, den Kindern das schöne Sachsen näherzubringen, fahren ins Erzgebirge und in die Sächsische Schweiz. Meine Frau stammt aus Bayern. Also fahren wir oft zum Starnberger See, wo meine Schwiegereltern wohnen. Wir mögen auch die bayrische Tradition.
Gibt es dann bei den Wettinern zu Hause Weißwürste auf Meißner Porzellan oder wie müssen wir uns das vorstellen?
Ja, wir haben einige Stücke Meißner Porzellan, die wir natürlich sehr ehren und schützen. Wir essen nicht unbedingt vom guten Meißner, weil man mit vier Kindern vorsichtig sein muss. Bei uns kommen mexikanische Gerichte auf den Tisch, kanadische Speisen, meine Frau kocht gern französisches Essen und natürlich Pasta.
Wie alt sind ihre vier Kinder?
Der Älteste ist 18, dann 17, 13 - drei Buben, und dann kommt `ne kleine Tochter, die erste Dresdnerin, die sieben Jahre alt ist. Die Jungen sind alle in Mexiko geboren, wo sie viele Jahre gelebt haben.
Vermissen Sie das südamerikanische Leben?
Ich habe 35 Jahre meines Lebens in Mexiko verbracht und bin ein sehr lateinamerikanischer Mensch. Meine Frau hat das auch innerhalb der 13 Jahre, die sie dort gelebt hat, kennen, schätzen und lieben gelernt. Ab und zu gibt es Momente, in denen wir uns nach Mexiko sehnen.
Bringen Sie das mexikanische Flair ein bisschen nach Dresden?
Wir versuchen, viel Herz, viel Herzlichkeit in unsere Kontakte einzubringen. Wir versuchen, auf Menschen zuzugehen, was in Mexiko absolut normal ist. Wir leben die typische lateinamerikanische Großfamilie. Wir versuchen, den familiären Kreis darzustellen und vielleicht die Sachsen zu ermuntern, dass es schön ist, viele Kinder
zu haben.
Was könnten die Sachsen noch lernen?
Ich glaube, was uns Sachsen sehr gut zu Gesicht stehen würde, ist ein bisschen mehr Freundlichkeit, ein bisschen mehr Offenheit. Wir sind große Spezialisten. Wenn wir uns anschauen, was wir alles Großartiges leisten: Meißner Porzellan, Glashütte Uhren, Phaetons, die besten Autos der Welt. Es würde uns ganz gut zu Gesicht stehen, wenn wir auch ein bisschen mehr Warmherzigkeit ausstrahlen würden. Damit könnten wir viele Herzen auf der Welt für uns gewinnen.
Ist es das, was Sie auch Ihren Kindern an Werten vermitteln?
Ja, auf jeden Fall. Wir versuchen, diese beiden Mentalitäten in unseren Kindern wachsen zu lassen. Die deutsche Gründlichkeit, Verantwortungsbewusstsein und Perfektion im Handeln, auf der anderen Seite Warmherzigkeit, Liebe, ein gewisses Gottvertrauen im Leben und nicht alles so ernst zu nehmen. Es ist natürlich eine schwierige Balance, weil die Extreme sehr weit auseinandergehen, aber daraus kann man vielleicht eine gute Synthese machen, und das versuchen wir unseren Kindern beizubringen.
Warmherzigkeit und Toleranz - das ist sehr schön. Sie arbeiten in der Politik, da spielen diese Dinge eher eine kleine Rolle, oder?
Ich bin kein Politiker, nur Berater des Ministerpräsidenten. Mein ganzes Leben lang war ich Unternehmer und selbstständig. Ich versuche, den Ministerpräsidenten und die Landesregierung in dieser Richtung zu unterstützen. Mich freut es ganz besonders, dass ich ihn in internationalen Angelegenheiten berate und versuche, das Bild Sachsens in der Welt positiv darzustellen.
Keine schwere Aufgabe, oder?
Wir meinen manchmal, wir wären der Nabel der Welt. Aber viele Menschen wissen
nicht, wo Sachsen liegt, oder Dresden, oder Leipzig.
Interview (für Disy TV):
Anja K. Fließbach ("Disy" Winter 2006/07)
Weiterführende Links
Internetpräsenz zur sächsisch-wettinischen Geschichte in Mitteldeutschland: http://www.haus-wettin.de/
Die Wettiner bei Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Wettiner
Die wichtigsten Fakten in Kürze
Wo leben die Wettiner heute?
Prinz Alexander: „Der Chef des Hauses Wettin ist der Markgraf Maria Emanuel, der in der Schweiz lebt. Ich bin als sein Sohn sein rechter Arm, der hier praktisch ausführende, also Exekutivgewalt hat, und ich versuche hier, das Haus Wettin darzustellen. Der Rest der Familie lebt teilweise in München und in Kanada, auch in der Schweiz. Die anderen Familienmitglieder sind schon ins hohe Alter geraten, kommen aber auch gern nach Sachsen.“
Die Thronfolge
Prinz Alexander gehört zur albertinischen Linie der Wettiner. Im Jahre 1918 dankte Friedrich August III. als letzter sächsischer König ab. Heute ist sein Enkel, Maria Emanuel Markgraf von Meißen, Prinz von und Herzog zu Sachsen, das Familienoberhaupt. Er war 1945 vor den Russen geflohen und wohnt heute in der Schweiz. Maria Emanuel hat selbst keine Kinder, adoptierte deshalb seinen Neffen Alexander. Der wurde damit Thronfolger. Auch wenn dieser Thron nicht mehr existiert.
Die Aufgaben
Von Februar 2003 an warb Alexander im Auftrag der Wirtschaftsförderung des Freistaates Sachsen weltweit Investoren für den Freistaat. Im Sommer 2004 erhielt er die deutsche Staatsbürgerschaft. Derzeit ist er u.a. Berater des sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt.
Sein Leben & seine Familie:
Prinz Alexander von Sachsen, in Bayern geboren, wuchs zwischen München und Mexiko auf. Er studierte Betriebswirtschaft. In Mexiko-Stadt betrieb er eine Import-Export-Firma. Im Jahr 1989 kam er erstmals nach Dresden.
Alexander ist seit 1987 mit Gisela Prinzessin von Bayern (geb. 1964) verheiratet. Die beiden haben vier Kinder: Georg-Philipp (geb.1988), Mauricio-Gabriel (geb.1989), Paul Clemens (geb.1993), Maria Teresita (geb.1999).