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Hugon Egon Balder: "Die Leute reden permanent aneinander vorbei."

Anfang der 90er erregte er großes Aufsehen mit „Tutti Frutti“.Mit „RTL Samstag Nacht“ brachte er als Produzent die erstegroße Late Night Show auf die Bildschirme, später war er Moderatorder mehrfach prämierten Comedy-Quizshow „Genialdaneben“. Was Comedy im Fernsehen angeht, kennt sichHugo Egon Balder bestens aus. Mit Disy sprach er darüber,was eine gute Komödie ausmacht, was Comedy darf und nichtdarf und wie er die Entwicklung in der TV-Landschaft sieht.

 

Ist es schwierig, Leute zum Lachen zu bringen?

Balder: Nicht, wenn man es kann. Man muss es nur richtig machen. Man erreicht auf verschiedene Weise immer ein unterschiedliches Publikum. Im Allgemeinen hat Dieter Nuhr andere Zuschauer als Mario Barth, aber beide sind extrem erfolgreich.

 

Worüber lachen Sie privat gerne?

Balder: Über alles, was komisch ist. Das muss ich in dem Moment für mich entscheiden. Ich kann auch darüber lachen, wenn jemand gegen eine Straßenlaterne läuft. Es kommt darauf an, wie es gemacht wird. 

 

Über Sachen, über die auch der Durchschnittszuschauer lacht…

Balder: Natürlich, da bin ich ganz einfach gestrickt. Ich bin an sich auch nur der stinknormale Zuschauer. Als Verantwortlicher habe ich mit meinem Team auch immer nur Dinge mit ins Programm genommen, über die wir selbst gelacht haben. Wir dachten, wenn wir lachen, lachen andere auch. Das hat zu 90 Prozent funktioniert. Wenn mir einer einen tollen Witz erzählt, lache ich. Das geht allen so, ich könnte hier jetzt drei Witze erzählen und ich garantiere, dass Sie lachen.

 

Erzählen Sie mal!

Balder: „Hallo, mein Name ist Kevin.“ – „Hallo Kevin.“ – „Ich habe ein Problem…“ – „Ja, das sagtest du bereits.“

 

Sowas funktioniert doch immer, oder?

Balder: Der gehört schon zu denen, wo manche Leute sagen, dass sie den nicht verstehen. Zumindest nicht gleich. 

 

Das ist auch so ein Witz, den man schon vor zwanzig Jahren gehört hat und immer wieder schmunzeln muss.

Balder: Das ist immer so. Wenn ich mit jüngeren Leuten irgendwo sitze und denen Witze erzähle, die ich schon mit 18 gehört habe, dann lachen die sich trotzdem kaputt, wenn sie die nicht kennen. Alte Witze sind ja auch immer noch da und werden nicht weniger witzig. Sie müssen nur weiter erzählt werden.

 

Also ist Humor zeitlos, selbst wenn er sich wiederholt?

Balder: Na klar, er muss nur der Zeit angepasst werden. Viele klassische Humor-Elemente kommen in jedem Film vor. Sie wirken nur anders, weil sie anders gespielt und modernisiert werden, weil die Umgebung anders ist. Es gibt in dieser Branche nicht viel, was komplett neu ist. Alles war in irgendeiner Form schon einmal da.

 

Wie kommt es, dass es immer um Männer und Frauen geht?

Balder: Weil das Leben so ist. Da geht es auch immer nur darum. Wenn ich eine Komödie machen will, wo ein Bankbeamter irgendetwas in seinem Job verwechselt, dann interessiert das keine Sau. Wenn aber einer fremdgeht und die Frau bekommt das raus und dann kommt noch ein Dritter dazu, dann erkennen das die Leute. Das ist denen mitunter selbst schon passiert.

 

Also spielen Verwechslungen auch immer eine große Rolle…

Balder: Komödien sind immer Verwechslungen, die Leute reden permanent aneinander vorbei. Sie basieren fast immer auf Missverständnissen, besonders gern zwischen Männern und Frauen. Deshalb sind sie auch so lustig. Der Zuschauer weiß immer mehr, als die Leute auf der Bühne. So hat das immer schon funktioniert. 

 

Eine gute Komödie ist also ein Abklatsch vom Leben?

Balder: Immer! Natürlich wird es übertrieben dargestellt. Aber im Grunde sollen sich die Zuschauer wiedererkennen. 

 

Mit Hella von Sinnen arbeiten Sie seit langer Zeit immer wieder zusammen. Ist sie wirklich so verrückt?

Balder: Ja, Hella ist privat genauso, wie man sie aus dem Fernsehen kennt. Eine verrückte Person. Aber wir kennen uns jetzt schon so lange, da gewöhnt man sich daran.

 

Arbeiten Sie mit ihr am liebsten?

Balder: Am liebsten nicht, aber am längsten. Am liebsten gibt es nicht. Es gibt Leute, mit denen man gut arbeiten kann, mit anderen wiederum nicht.

 

Mit wem können Sie noch arbeiten?

Balder: Da gibt es eine ganze Menge, zum Beispiel Bastian Pastewka, Bernhard Hoëcker oder die ehemalige Samstag-Nacht-Crew.

 

Wie müssen Leute sein, damit Sie sie mögen?

Balder: Sie müssen eine ziemlich große Portion Humor haben, aber dabei noch weitestgehend normal bleiben.

 

Gibt es eine Traum-Rolle, die Sie gerne spielen wollen?

Balder: Nein, ich lasse alles auf mich zukommen. Ich habe nie einen Plan, hatte ich auch noch nie. Es kommt sowieso immer anders. Mit dieser Einstellung kam ich immer ganz gut zurecht. Manchmal funktioniert etwas nicht so gut. Das ist aber nicht tragisch. Dann mache ich halt etwas anderes. Dafür läuft’s beim nächsten Mal wieder besser.

 

Das hört sich einfach an…

Balder: Das ist es auch. Darauf muss man sich nur einlassen. Ich könnte auch gar nichts planen, weil ich so viel zu tun habe. Ich gönne mir eher den Luxus des Alters. Ich möchte gewisse Sachen organisiert haben. Wenn man 30 ist, nimmt man noch manche Dinge in Kauf. Man kommt irgendwohin und es ist nichts organisiert und man schläft zwei Nächte auf der Luftmatratze. Das möchte ich natürlich in meinem Alter nicht mehr. Es soll alles stimmen. Aber selbst das plane ich nicht selbst, dafür habe ich meine Leute.

 

Was halten Sie von der TV-Landschaft im Moment?

Balder: Es hat sich viel verändert. Ich hatte das Glück, dass ich die goldenen Zeiten vom Fernsehen miterlebt habe, so Ende der 80er bis Mitte der 90er. Die Fernsehlandschaft war eine große Spielwiese und man konnte unglaublich viel ausprobieren. Heute geht es darum, dass es schnell und billig ist. Die Inhalte sind teilweise nicht mehr wichtig. Das ist traurig, aber leider zur Normalität geworden.

 

Klingt, als hätte das Fernsehen keinen Anspruch mehr…

Balder: Es muss nicht immer hoch intellektuell sein. Die Zuschauer sollen sich am Ende des Abends gut unterhalten fühlen. Aber vielen Produzenten ist es wurscht. Man kann sich entweder dahinter klemmen und abwägen, was lustig ist, welche Autoren man nimmt, was zurzeit gut ankommt. Oder man macht es auf die andere Weise: Man holt sich von der Straße fünf Hartz-IV-Empfänger, gibt ihnen hundert Euro für den Monat und die machen dafür eine Sendung. Und das ist heutzutage die gängigere Methode. Man führt die Menschen vor. Das ist langweilig, aber ich muss es ja nicht gucken. Es wird keiner gezwungen.

 

Es wird also nicht mehr viel experimentiert, weil die Angst vorm Scheitern zu groß ist?

Balder: Es wird leider kaum noch etwas gewagt. Und wenn es dann doch einmal der Fall ist, dann schlägt es oft in die andere Richtung aus. Da denken sich Redakteure, sie werden mal ganz hip und jung und merken gar nicht, dass sie kompletten Mist fabrizieren. So gesehen bei Böhmermann. Das kann man machen, verfehlt aber sein Ziel, weil es nicht das ist, was es sein soll. In dem Fall war es keine Satire, weil es nicht lustig war, sondern wirklich beleidigend. Wenn ich da in einer leitenden Position gewesen wäre, hätte ich das auf gar keinen Fall abgesegnet, erst Recht nicht in unserer derzeitigen Situation und gegen die betroffene Person.

 

Spielt es eine Rolle, wann was gesagt wurde?

Balder: Überhaupt nicht. Es wurde gesagt, fertig. Wenn ich Jemanden beleidige, kann ich angezeigt werden. Egal in welchem Rahmen das geschieht. Satire darf lustig sein, bestrafend, in einem gewissen Rahmen auch verletzend. Aber nicht beleidigend.