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Patrick Bach: Früher spielte er in „Anna“, jetzt spricht er Jesus
Interview mit Schauspieler und Ex-Kinderstar Patrick Bach („Silas“, „Anna“) über seine neue Rolle als Synchronsprecher in der neuen Doku-Serie „Jesus – Sein Leben“ des Senders „History“, über Glauben, sein Leben heute und den tragischen Tod von Silvia Seidel
Er war DER Kinder-Star der 80er Jahre: Schauspieler Patrick Bach. Mit nur 13 Jahren spielte er sich in die Herzen von Millionen TV-Zuschauern. Erst in der Erfolgsserie „Silas“, dann an der Seite von Silvia Seidel († 2012) in der Erfolgsserie „Anna“. Zudem war er in TV-Produktionenwie „Nicht von schlechten Eltern“ zu sehen. Heute ist Patrick Bach - kaum zu glauben – 51 Jahre alt. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder, 17 und elf Jahre alt, lebt in Hamburg und arbeitet vor allem als Synchronsprecher! Für sein neuestes Projekt leiht er keinem Geringeren als Jesus seine Stimme. Er steht derzeit für das neue achtteilige Doku-Drama „Jesus – Sein Leben“ des Senders „History“ im Studio. Eine neue und aufwändig produzierte Event-Serie, die zu Pfingsten (9. und 10. Juni 2019) jeweils ab 20.15 Uhr auf History) als TV-Premiere ausgestrahlt wird. Die Doku erzählt die Geschichte Jesus Christus‘ aus acht verschiedenen Blickwinkeln wichtiger biblischer Figuren, die im Leben Jesu eine zentrale Rolle einnahmen - von Maria und Josef bis Pontius Pilatus und bringteinige der renommiertesten Historiker, Theologen und Geistliche mit verschiedenen Perspektiven zusammen, um die Geschichte Jesu auf neue Weise zu erzählen.Der bekannte Schauspieler Greg Barnett spielt Jesus, für den deutschsprachigen Raum wird er synchronisiert von Patrick Bach. Wir haben ihn aus diesem Anlass zum Interview getroffen.
Herr Bach, wie fühlt es sich an, Jesus seine Stimme zu leihen?
Patrick Bach: „Ich wurde in der letzten Zeit oft gefragt, wie ich mich auf diese Rolle vorbereitet habe. Ehrlich gesagt: gar nicht. Es gibt mittlerweile unzählige Jesus-Verfilmungen und -Interpretationen. Und jedes Mal wird Jesus von einem anderen Schauspieler gespielt oder gesprochen. Ich habe mir nicht vorgestellt, wie Jesus wohl gesprochen hat, da wir dies nicht wissen. Stattdessen habe ich mich am Original-Schauspieler, Greg Barnett, orientiert. Aber natürlich ist die Sprache eine andere als die, die wir heute im täglichen Gebrauch haben. Es ist keine Umgangssprache. Und ich habe – wie immer bei Synchronarbeiten – auch ein Stück von mir selbst mit eingebracht. Es kam aus einem inneren Gefühl heraus. Aber es ist natürlich ein Unterschied, eine historische Person wie Jesus zu sprechen oder eine fiktive Hollywood-Figur. Ich war durchaus stolz darauf. Das übertrug sich auch auf die Arbeit. Das Format ist eine gut gemachte Mischung aus Fiktion und Geschichte. Und es sind wirklich gute Schauspieler dabei. Deshalb freue ich mich schon jetzt auf Pfingsten.“
Was ist die Herausforderung beim Synchronsprechen?
Patrick Bach: „Die Herausforderung besteht darin, dass man am Mikrofon sehr statisch ist. Man bewegt sich kaum und man empfindet auch keine Schmerzen, wenn man eine Dornenkrone auf dem Kopf hat oder ans Kreuz genagelt wird. Als Schauspieler hat man es da durchaus einfacher: Wenn man bei Minusgraden mit nacktem Oberkörper auf einem kalten Steinboden liegt, dann muss ich es nicht spielen, dass ich friere oder Angst habe. Das kommt dann von allein. Das zeigt, dass Synchronsprechen ein richtiger Beruf ist. Viele denken ja, man stellt sich da mal ans Mikro und sagt ein paar Sätze. Aber gerade Sprecher, die diesen Job nicht täglich ausüben, stellen fest, dass es durchaus anspruchsvoll ist."
Sind Sie selbst gläubig?
Patrick Bach: „Ich bin nicht streng gläubig. Meine Tochter wird nächstes Jahr konfirmiert, mein Sohn hingegen wollte das nicht. Ich bin, was das angeht, relativ offen. Ich glaube aber, ein Glaube ist grundsätzlich wichtig. Ob man nun an Gott glaubt oder an etwas anderes: an die Familie oder an die eigene Persönlichkeit. Das macht einen stärker, gerade in Momenten, in denen es einem nicht so gut geht oder man Rückschläge erleidet. Ich bin aber so liberal, dass ich sage, jeder muss für sich entscheiden, ob er glaubt und woran er glaubt. Ich kann es aber nachvollziehen, dass es die Kirchen in der heutigen digitalen Welt nicht einfach haben, die Menschen zu sich zu holen, da die Leute, vor allem die Jungen, heute lieber auf ihr Handy gucken. Ich glaube, dass die Kirche ein wenig moderner werden muss.“
Apropos Handy. Sie waren einst Kinderstar, heute sind die Blogger die großen Stars. Würden Sie heute Influencer werden?
Patrick Bach: „Ich bin eine andere Generation. YouTuber, Blogger – klar kenne ich das. Ich selbst lese aber keine Blogs und schaue keine YouTube-Kanäle. Dazu habe ich zu viel zu tun. Ich bin froh, wenn ich mal raus an die frische Luft komme. Aber es gehört in unsere Zeit und hat sicher auch sein Gutes. Aber ich glaube, dass die sozialen Medien auch viel kaputt machen können. Gerade was die Kommunikation bei den jungen Leuten anbelangt.“
Werden Sie heute noch oft auf den „Kinder-Star“ angesprochen?
Patrick Bach: „Angesprochen darauf werde ich tatsächlich noch oft, vor allem von Leuten aus meiner Generation. Es sind eben Serien, die man nicht aus dem Kopf bekommt. Die Einschaltquoten damals waren ja auch gigantisch! Wir hatten 56 Prozent Marktanteil. Es gibt auch viele, die die Serien mit ihren Kindern oder Enkeln anschauen. Insofern kennen mich auch die Jüngeren.“
Sehen Sie den Kinderstar heute als Vorteil oder auch Nachteil?
Patrick Bach: „Natürlich gab es über die Jahre hinweg immer Regisseure oder Produktionsfirmen, die gesagt haben: ‚Guck mal, das ist doch der Kinderstar.‘ Nichtsdestotrotz ist man den Leuten im Gedächtnis. Hätte ich erst mit 25 Jahren angefangen, hätte ich vielleicht Rollen in anderen Bereichen gespielt. Insofern ist es Fluch und Segen zugleich. Ich bin aber froh, dass ich diese Serien gemacht habe. Wobei ich sehr optimistisch bin, dass da noch etwas kommt. Die reifen Männer werden beim Film ja immer interessanter, und das wird hoffentlich auch bei mir der Fall sein (lacht). Ich habe das Glück gehabt, synchronsprechen zu dürfen. Und sollte das mit der Schauspielerei nicht mehr passieren, dann bin ich glücklich mit dem, was ich hier mache. Und ich kann davon wunderbar leben. Es gibt viele Schauspieler, die wunderbar spielen, die aber nicht sprechen können. Der Synchronsprecher-Job wird oft unterschätzt. Obwohl es ein genauso anspruchsvoller Beruf ist. Ich weiß, was ich am Synchronsprechen habe. Es gibt viele Schauspieler, die mich schon angerufen haben und gefragt haben: „Mensch, wie komme ich nur zum Synchronsprechen“. Zudem mache ich seit einiger Zeit – seit sechs, sieben Jahren – auch Synchron-Regie. Derzeit bei einer Comedy für Netflix. Das Tonstudio ist also eine Art zweites Zuhause.“
Sie haben sich einmal in einem Interview darüber beschwert, dass immer die gleichen Schauspieler besetzt würden, Matthias Schweighöfer zum Beispiel. Sehen Sie das heute noch so?
Patrick Bach: „Es hat sich verbessert, da mittlerweile mehr gedreht wird. Aber wenn man in den Jahren zuvor guckt… Da hat man schon immer die gleichen Schauspieler und Schauspielerinnen. Ich gönne ihnen das. Und ich würde es genauso machen. Aber wenn ich sehe, dass Tatort-Kommissare eine Woche später im „Polizeiruf“ die Hautnebenrolle bekommen… Da nimmt man immer die Namen aus der Schublade, die gerade obenauf liegen. Da frage ich mich, warum man da nicht einmal andere Leute besetzt. Es gibt wahnsinnig viele Schauspieler, die um ihren Lebensunterhalt kämpfen. Und ich finde es schön, eine bunte Auswahl an Schauspielern im TV zu erleben. Deswegen: Traut euch doch einmal, andere Leute zu besetzen! Das damals ging übrigens nicht gegen Matthias Schweighöfer. Ich habe ihn nur als symbolische Figur im Kopf gehabt. Jahrelang waren es auch immer die gleichen Schauspielerinnen, die besetzt wurden, Veronica Ferres oder Christine Neubauer zum Beispiel. Da könnte man doch einmal um die Ecke denken.“
Viele Kinderstars von früher sind heute verschwunden, manche auch zerbrochen. Silvia Seidel zum Beispiel. Wie haben Sie es geschafft, auf dem Teppich zu bleiben oder eben nicht daran kaputt zu gehen?
Patrick Bach: „Ich war immer bodenständig und dankbar. Für mich war die Schauspielerei immer ein Beruf, den ich genauso ausübe wie ein Mitarbeiter einer Versicherung oder ein Maurer. Ich kann meinen Job als Synchronsprecher ausüben. Ich habe Glück mit meiner Familie, habe eine wunderbare Frau und zwei wunderbare Kinder. Ich bin gesund. Ich sage immer nach oben zum lieben Gott oder zum Universum: danke, danke, danke. Ich bin in einer Position, die nicht besser sein könnte. Es gibt keinen Grund zum Weinen.“
Geht Ihnen das Schicksal von Silvia Seidel, die Suizid begangen hat, heute noch sehr nahe? Denke Sie heute noch oft an Sie?
Patrick Bach: „Es war ein furchtbarer Schlag und ich war natürlich auch geschockt. Wir hatten noch drei Wochen zuvor ein gemeinsames Casting und uns nach langer Zeit wiedergetroffen. Dass sie nicht zu 100 Prozent glücklich war, das hat man ihr angemerkt. Sie wirkte auf mich aber nicht so, dass ich das Gefühl hatte, dass sie sich drei Wochen später das Leben nimmt. Sie litt an Depressionen, eine schwere Krankheit. Das muss man auch berücksichtigen. Es tut mir wahnsinnig leid, da sie viel erreicht hatte. Ihr ist genau das passiert, was vielen anderen Schauspielern auch passiert: dass man mit einer Sache wahnsinnig erfolgreich ist, dieser Erfolg dann aber ausbleibt. In diesem Moment muss man Kraft haben und Freunde und Familie. Und seine Erfüllung woanders suchen. Vielleicht im Glauben. Das hat sie leider nicht geschafft.“
Text: Andrea Vodermayr