• 3575 Aufrufe

Bloß nicht wackeln!

Die moderne Digitalfotografie ermöglicht es uns, in jedem Moment eine Vielzahl von Bildern zu schießen, sie später am PC zu bearbeiten und sie dann mit unseren Freunden zu teilen. Doch bei aller Technik - der Mensch hinter dem Fotoapparat ist immer noch der entscheidende Faktor, wenn es um ein schönes Bild geht. Jörg Ehrlich war schon auf vielen Fotoreisen und ist ein Experte, dessen Fotografien in diversen Publikationen veröffentlicht wurden. Lesen Sie hier seine zehn einfachen Tipps (www.joerg-ehrlich.de), um Ihre Urlaubsfotos zu echten Erinnerungsstücken zu machen - nicht nur auf Safari!

1. Fotografieren Sie mit Herz und Verstand

Fotografieren Sie mit Herz UND Verstand, haben Sie den Blick für Details, die Sie begeistern und halten Sie diese im Bild fest! Dieses leuchtende Herz (Bild unten) spiegelte sich im letzten Wasserloch, das im Sesriem Canyon noch zu finden war. Durch glückliche Geometrie ergab sich dieser herzförmige Lichteinfall. Nur so kommen in dem stark begrenzten Ausschnitt im Dünenmeer des Sossusvlei (Bild unten) die Linien besser zur Geltung und die Strukturen in den teilweise schattigen Sandflächen. So werden in den frühen Morgenstunden das weiche warme Licht und die Schatten deutlich. Fahren Sie also so früh wie möglich ins Sossusvlei direkt auf den Parkplatz am Death-Vlei; Sie werden mit idealem Fotolicht belohnt.

2. Nutzen Sie Linien

Nutzen Sie beeindruckende Linien in Ihren Bildern und gestalten Sie somit bewusst ein wenig übertrieben Ihr Motiv! Sie werden an allen Ecken und Enden in Namibia lange gerade Straßen und somit beeindruckende Linien sehen - halten Sie sie fest! Experimentieren Sie mit dem Bildausschnitt und Ihrem Standpunkt. Schauen Sie im Display, was Ihnen am meisten zusagt. Erlaubt ist, was gefällt! Nehmen Sie Linien auf, die den Betrachter in den Bann ziehen. Ein hoher Standpunkt hilft in diesem Falle, den trockenen Boden und seine Struktur im Bild zu erfassen. Wählen Sie nur einen Baum ohne weitere Bäume im Hintergrund, um die Leere und Ödnis dieser Gegend im Bild darzustellen.

3. Seien Sie spontan

3Seien Sie spontan und vor allem auch mal witzig! Suchen und finden Sie amüsante Motive zum Fotografieren! Nicht jeder hat ein 500-Millimeter Teleobjektiv, um Tiere ganz nah fotografieren zu können. Seien Sie kreativ und entdecken Sie lustige Motive oder ungewöhnliche Perspektiven. Probieren Sie es einfach aus. Machen Sie sich Ihre Phantasie zunutze. Es gibt in Namibia viele Gelegenheiten für witzige Fotografien (Bild rechts).

4. Seien Sie kreativ

Seien Sie kreativ, trauen Sie sich und inszenieren Sie Ihre Motive. Fragen Sie Ihre Freunde, ob sie nicht für Ihr Foto auch mal in die Luft gehen wollen! Wäre das nicht mal ein tolles Familienfoto vor wunderbarem Hintergrund? Nichts leichter als das: Sie sollten es eben inszenieren und dabei mit ganz kurzer Belichtungszeit und im richtigen Moment auslösen. Und schon heben alle ab! Und scheuen Sie sich nicht, diese Aufnahme auch zur Not zehn oder gar 20 Mal zu wiederholen, ehe alle Personen so richtig mit Schwung fotografiert sind und es Ihnen gefällt. Es lohnt sich. Die Bilder werden besser und Sie können dann zuhause das beste der 20 verschiedenen Fotos auswählen. Wir haben unseren Fahrer gleich mehrfach durch die Pfütze fahren lassen und freuen uns über dieses (und andere) Motive. Das war ein tolles Fotoerlebnis und dauerte nur 15 Minuten. Bei den vielen langen Überlandfahrten kann so ein Zwischenstopp eine auflockernde (Foto-)Pause sein. Tipp: Kurze Belichtungszeiten von 1/2000 Sekunde oder gar 1/4000 Sekunde frieren die Wassertröpfchen ganz scharf ein!

5. Fotografieren Sie bei bestem Licht

Fotografieren bei bestem Licht, zum Beispiel in der "blauen Stunde" - aber bitte mit Stativ, damit die Bilder auch wirklich scharf werden! Vermutlich fotografiert fast niemand gern mit Stativ, diese Mühe, diese Schlepperei. Aber es lohnt sich. Gerade dann, in der Dämmerung, werden die Bilder damit noch scharf. Gönnen Sie sich in jedem Fall eine Wechselplatte, die Sie unter Ihren Kameraboden schrauben. Danach ist die Arbeit mit einem Stativ deutlich angenehmer. Ein Kugelkopf erleichtert die Stativhandhabung immens. Dieses Bild (rechts oben) ist nicht aus Namibia. Es zeigt aber sehr gut, wie in der "blauen Stunde" fotografiert werden kann. Das Tageslicht ist fast verschwunden, im Hintergrund ist das Blau des Himmels noch zu sehen, das Licht durch den glühenden ErtaAle-Krater ist fast genauso intensiv wie der Abendhimmel - und zu dieser Zeit kommen noch Konturen zum Vorschein, die bei Nacht nicht mehr zu sehen wären und bei Tag wäre das Kraterfeuer weniger beeindruckend. Die begeisterte Betrachterin wurde im Übrigen mit einer Stirnlampe kurz angeleuchtet. Der Nachthimmel (Bild unten) lässt sich auch am besten mit Stativ und langer Belichtungszeit festhalten. Natürlich braucht es hierfür ein extremes Weitwinkel und reichlich Belichtungszeit (hier 30 Sekunden). Im Vordergrund kam wieder die Stirnlampe zum Einsatz, die die schlafende Person so ebenfalls ins rechte Licht des Bildes rückt...

6. Arbeiten Sie mit Tiefenschärfe

Arbeiten Sie mit Tiefenschärfe - gestalten Sie so unscharfe und scharfe Ebenen des Bildes und setzen den Schwerpunkt auf eine Kernaussage! Auf die Spitze getrieben! Der Vordergrund gestochen scharf und im Hintergrund dann verschwommen das weite Land. Trick des Ganzen: Scharf eingestellt im Vordergrund und mit einer weit geöffneten Blende (z. B. F 2.0 oder sogar F 1.4) erreicht man dynamische Unschärfe und kann sie gestalterisch einsetzen. Gerade im Death-Vlei kann man alle Fototipps der Reihe nach durchprobieren, dort gelingt einfach alles. Der Namibgecko ist eines der beeindruckendsten Tiere Namibias, und so freundlich und still, dass man ihn in Ruhe fotografieren kann. Auch hier ist die Tiefenschärfe sehr gering, nur der Kopf (zwischen Augen und Nase) ist scharf, der Rest verwischt schon. Der Hintergrund in der Sonne überstrahlt schon das Bild und kann durchaus "abgeschnitten" werden. Rechts des Geckos ist ebenso genug "Material", um das Bild gesund zu beschneiden und damit noch attraktiver zu machen.

7. Gestalten Sie Ihr Bild dramaturgisch

Gestalten Sie Ihr Bild dramaturgischer, indem Sie Linienführungen nutzen! Setzen Sie Linien bewusst für Ihre Bildaussage in Szene! Die dezentrale Inszenierung der Dünenlinie (Bild unten links), die Spuren der Wanderer in Licht und Schatten des frühen Morgens: Das gelingt nur bei einem guten Zeitmanagement und unter Nutzung der Linienführung. Man sieht aber auch deutlich, dass dieses Bild mit einer Kompaktkamera fotografiert worden ist, die Schärfe ist nicht mit der Qualität einer Spiegelreflexkamera zu vergleichen. Ein ganz anderer Ort: Die Dünen zwischen Walvis Bay und Sandwich Harbour. Hier kann man nicht nur mit dem Geländewagen Dünen erlebnisreich "erfahren", sondern vor allem auch tolle Motive fotografieren. Dabei kann man sich einer vorhandenen Linienführung bedienen, die eine Gruppe Menschen und ein Auto erst richtig zur Geltung bringt. Weniger (im Bild unten rechts) ist manchmal mehr (an Bildaussage). Und die Linie(nführung) macht's (Bild spannend)...

8. Eine Frage der Perspektive

Alles eine Frage der Perspektive - Vogel oder Frosch, gestalten Sie Ihr Motiv durch Ihren eigenen Standpunkt! Hier wurde "von der Leiter" fotografiert, sodass der lehmige harte Boden mit den beeindruckenden Strukturen auch im Bild zu sehen ist. Der etwa zwei Meter große Spielraum zwischen Vogelperspektive und Froschperspektive wirkt oft Wunder und diese Chance sollten Sie sich stets zu Nutze machen. Es kostet wenig Mühe und bringt gewaltige Ergebnisse!

9. Arbeiten Sie mit Licht

Arbeiten Sie mit Licht und mit der Sonne, setzen Sie dabei Ihre Blende im richtigen Moment geschickt ein! Hier wurde mit Blende F 22 oder Blende F 28 fotografiert, nur so entsteht dieser Effekt. Wenn man mit Blende 3,5 gearbeitet hat, leuchtet die Sonne nur als Bündel Strahlen durch die Astritze. Je kleiner der Lichtpunkt, desto filigraner der beeindruckende Leuchtstern in der Mitte. Probieren Sie es aus, trauen Sie sich, gegen die (teilweise verdeckte/ versteckte) Sonne zu fotografieren, es wirkt Wunder und die Bilder werden beeindruckender. Und auch ohne Photoshop...

10. Stellen Sie das Motiv vor den Schatten

Stellen Sie Ihre Motive (oder Personen) nicht in den Schatten, sondern davor! Zugegeben, diesen Mann im Motiv muss man erst finden, aber dann wirken das Bild und die gewaltige Schlucht erst richtig. Setzen Sie Ihre Hauptpersonen des Motivs nicht in den Schatten, sondern idealerweise direkt davor. Hierzu müssen Sie sicher Tipp 4 anwenden und Ihre Person genau da hinstellen, wo Sie es wollen - ins wirklich rechte Licht. Dann können Sie das Motiv des Sesriem Canyon zum Beispiel so fotografieren, das nicht nur Ihr Freund auf dem Bild ist, nein - jeder erkennt auf Anhieb, wie gewaltig, wie hoch und schmal dieses Canyon ist. Noch beeindruckender wäre das Bild, wenn die Person ein auffälliges rotes T-Shirt tragen würde. Wenn Sie eine derartige Lichtsituation finden, dann versuchen Sie, die Hauptperson ins richtige Licht zu rücken. Variieren Sie auch Ihren eigenen Fotostandpunkt. Es ist nicht sehr leicht, aber oft realisierbar, dass die Person komplett im Licht erstrahlt und direkt dahinter bereits Schatten liegt. Genau so kann man alles perfekt in Szene setzen und wirken lassen. Wenn Sie alles richtig ausgetüftelt haben, müssen Sie nur noch die korrekte und passende Belichtung finden. Aber auch das wird Ihnen (oder Ihrer Kamera) gelingen. Sie sollten Ihre Kamera gut kennen. Auch das kann man einfach lernen oder ausprobieren. Bei vielen Kameras lassen sich recht schnell auch die Über-/Unterbelichtung einstellen oder eine Spotmessung vornehmen. Das wäre bei diesem Motiv sicher ebenfalls zu empfehlen.