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Das Sächsische Burgen- und Heideland – ein Genuss für alle Sinne
Von einfältigen Schildbürgern, klappernden Mühlen, märchenhaften Wäldern und stolzen Burgen
Wer kennt sie nicht, die Geschichten um die naiv-gutgläubigen Schildbürger, die ihre Kirchenglocke im See versenkten, um sie in den Wirren des Siebenjährigen Krieges vor dem Raub durch die herannahenden Feinde zu schützen? Die kleine Stadt Schildau im Herzen des Sächsischen Heidelandes nimmt für sich in Anspruch, die Vorlage für das im 16. Jahrhundert erschienene „Lalebuch“, in dem die wundersamen Begebenheiten und haarsträubenden Torheiten der Schildbürger gesammelt sind, geliefert zu haben. Doch haben Gneisenaustadt und Region viel mehr zu bieten als die Erkenntnis, dass Schildaus Rathaus sehr wohl mit Fenstern versehen ist. Zwischen Elbe und Mulde erstreckt sich eine einzigartige und unverfälschte Naturlandschaft – das sächsische Heideland. In einem wogenden Meer von Grün verbergen sich kleine Dörfer, liebevoll restaurierte Windmühlen und reizende Städte, die es zu entdecken lohnt – zu Fuß, mit dem Rad, auf dem Rücken der Pferde oder im Kanu. Rund 100 Kilometer lang ist das Tal der Burgen, in dem sich – gleichsam an einer Schnur aufgefädelt – unterschiedlichste Burgen und Schlössern zu einem spannenden Kompendium mittelalterlicher Baukunst fügen.
Die strukturschwache Region hat sich – ganz und gar nicht einfältig, sondern überaus gewitzt und klug – ihr landschaftliches Kapital zunutze gemacht und mit vielen Anstrengungen den Imagewechsel hin zu einem familienfreundlichen Urlaubsgebiet vollzogen. Und zweifellos präsentieren sich mit der Dübener, der Dahlener Heide und dem Wermsdorfer Wald landschaftliche Perlen, die ihresgleichen suchen. Ein aufwendig markierter Wander- und Fahrradweg erschließt das größte zusammenhängende Waldgebiet im Flachland Mitteleuropas. Gesunde Misch- und Kiefernwälder, duftende Wiesen und weiche Grasteppiche, sprudelnde Bäche und fischreiche Seen – innerhalb dieser Idylle würde es nicht überraschen, den Figuren der Grimmschen Märchen zu begegnen. Und tatsächlich entdeckt man auf einer Wanderung durch die Dahlener Heide sieben steinerne Zwerge – ganz in der Nähe des kleinen Dörfchens Schmannewitz, dessen Kirche nach Plänen George Bährs, dem Erbauer der Frauenkirche, errichtet wurde. Die Feuchtwiesen und Moorgebiete sind Refugien für selten gewordene Tiere und Pflanzen. So hat der Schwarzstorch hier seinen Horst, die Kraniche brüten in der Gegend, und am Großen Teich südlich von Torgau ist der Fischadler zu Hause. Überall grünt, blüht und brütet es. Nicht verwunderlich also, dass Alfred Brehm sich in der Dahlener Heide zu seinen Naturstudien niederließ und der Urlauber heute – nach ausgedehnten Wanderungen vorbei an der „Toten Magd" und der „Jägereiche" – an „Brehms Ruhe" rastend, dessen bebildertes „Tierleben" durchblättern kann.
Aber auch die Städte haben sich für ihre Gäste herausgeputzt und halten ihre historischen Bezüge in allen Ehren. In Grimma fand Goethe seinen ersten Verleger. Und im Kloster Nimbschen lebte die blaublütige Nonne Katharina von Bora bis Luther sie zu seiner Frau machte. Eben dieses bedeutende Ehepaar schritt auch über das Kopfsteinpflaster der Altstadt von Torgau, das heute noch so holprig sein dürfte wie damals. Die Zunfthäuser dagegen sind frisch herausgeputzt. Handelshöfe und Pfarrkirchen erstrahlen im auf Hochglanz polierten Stil der Renaissance und sind steinerne Zeugen einer Blütezeit als kursächsische Residenz, an die man gern wieder anschließen möchte. Heute dominieren Schloss Hartenfels und die Marienkirche die Silhouette Torgaus. Schloss Hartenfels, ein Meisterwerk deutscher Frührenaissance, ist bekannt für seinen Wendelstein und den Bärenzwinger. Die Schlosskapelle wurde als erster protestantischer Kirchenbau von Martin Luther geweiht. Luther hat in der Nikolaikirche erstmals in deutscher Sprache gepredigt und getauft und in der Stadtkirche St. Marien findet sich der Grabstein der Katharina von Bora. Im 20. Jahrhundert rückte die Stadt noch einmal in die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit, als sich amerikanische und russische Soldaten 1945 an der Elbe begegneten.
Daran erinnern ein Denkmal und der alljährlich im April stattfindende Elbeday. Auch weiter elbaufwärts, in der Altstadt Belgerns, betritt man historisches Pflaster, das – hört man genau hin – eine Menge zu berichten hat. Von zänkischen Weibern und betrügerischen Bauern, die zu Füßen des aus Elbsandstein gehauenen Roland, der mit seiner stattlichen Größe von sechs Metern vor der sattroten Fassade des Rathauses thront, verurteilt wurden. Die schweren Portale der Bürgerhäuser, die historischen Fassaden und die Postsäule von 1730 halten die Erinnerung an längst vergangene Zeiten wach – Zeiten, in denen die Dauer einer Kutschfahrt von der Handelsstadt Leipzig in die Residenzmetropole Dresden noch in Tagen gemessen wurde.
Ebenso reich an Geschichte und Geschichten – die hoch über der Zschopau thronende Burg Kriebstein. Die Anlage auf dem Bergsporn zählt zu den am besten erhaltenen gotischen Burgen in Sachsen. Der monumentale Wohnturm, die luftigen Erker und bunten Kemenaten erstrahlen seit der Restaurierung in neuem Glanz. Das Kriebsteinzimmer ist ein außergewöhnliches Dokument mittelalterlicher Raumgestaltung. Die kleine Bohlenstube (3 x 4,30 Meter) im dritten Obergeschoss des Wohnturmes stammt aus dem ersten Drittel des 15. Jahrhunderts und ist vollständig ausgemalt. Sowohl die Holzbalkendecke als auch die drei Bohlenwände sind reich mit Rankenwerk dekoriert, die Sockelszene ist als Vorhangmalerei ausgeführt, an der Außenwand finden sich figürliche Darstellungen. Und auch wenn die Geheimgänge der Burg gar nicht mehr so geheim sind, bleibt Kriebstein ein Ritterwohnsitz wie aus dem Bilderbuch – und das märchenhaft schöne Sächsische Burgen- und Heideland ein Geheimtipp.
Weitere Informationen:
Tourismusverband „Sächsisches Burgen- und Heideland“ e.V.
Niedermarkt 1
04736 Waldheim
Tel.: 03 43 27/96 60
www.saechsisches-burgenland.de