- Oktober 19, 2023
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Forever Young: Wie können wir das Altern stoppen?
Ewig jung – lange vital und schön bleiben, davon träumen fast alle. Lässt sich die Lebensuhr zurückdrehen? Forscher auf der ganzen Welt liefern sich längst einen Wettlauf um die Verjüngung des Menschen. Es ist die Suche nach der Formel für ein langes, gesundes Leben.
Was ist Altern überhaupt? Und was bedeutet es, wenn die Menschen alle immer älter werden? Und lässt es sich verhindern, dass sich am Ende nur die Reichen die ewige Jugend leisten können? Mit Forschern, Experten, Prominenten und 100-Jährigen geht die Dokumentation Fragen rund ums Altern auf den Grund.
Ewig jung – lange vital und schön bleiben, davon träumen viele. Dabei altern die Menschen vom Tag ihrer Geburt an. Aber es gibt Hoffnung: Ist sie bald zu kaufen, die Pille gegen das Altern?
Lässt sich die Lebensuhr zurückdrehen? Forscher auf der ganzen Welt liefern sich längst einen Wettlauf um die Verjüngung des Menschen. Es ist die Suche nach der Formel für ein langes, gesundes Leben. Der Traum von ewiger Jugend.
Ob Werbung oder Social Media: Tausende Bilder junger, makelloser und fitter Menschen prägen das Schönheitsideal, lassen den Wunsch wachsen, ihnen nachzueifern. Jungbleiben ist ein gigantischer Markt. Eine ganze Industrie profitiert davon: Kosmetikfirmen, ästhetische Chirurgie, Modelabels. Die Anti-Aging-Industrie verdient Milliarden mit der Sehnsucht und verspricht jugendliches Aussehen bis ins hohe Alter. Dabei sind bereits mit dem eigenen Verhalten zusätzliche Jahre zu gewinnen, so Altersforscher Sven Voelpel. "Insgesamt kann man locker 10, 20 oder sogar 30 Jahre herausholen."
Alter ist kein Thema für sie: Mit 102 Jahren gehört Iris Apfel zu den extravagantesten Stars der Modewelt: Die New Yorker Stilikone verkörpert mit ihrer Persönlichkeit das Sinnbild eines "Forever Young": Knallroter Lippenstift, markante Brille und protzige Accessoires sind ihr Markenzeichen. "Ich befolge keine Regeln, weil ich sie sowieso nur brechen würde", lautet die Philosophie des Supermodels mit 2,9 Millionen Follower auf Instagram.
122 Jahre wurde die älteste Frau, die Französin Jeanne Calment. Überhaupt gehört der Mensch zu den langlebigsten Spezies der Welt, und der erste Mensch, der 150 Jahre alt wird, ist angeblich schon geboren. Lag die Zahl der 100-Jährigen im Jahr 2000 in Deutschland noch bei knapp 6000, hat sie sich bis 2023 fast vervierfacht, auf 23.500. "Wenn ich gefordert bin, bin ich auch immer noch da", sagt die 106-jährige Inge Wolf und nimmt so manches Defizit mit Humor: "Ich habe gestern Abend einen Sekt nicht als Sekt erkannt. Das ist natürlich unverzeihlich." Bislang gilt: Altern ist ein unumkehrbarer Prozess. Das Mehr an Lebensjahren bezahlen wir mit Alterskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einer Form der Demenz. Bis jetzt.
"Der Tod ist mein Feind", sagt Steve Horvath. Der deutsche Wissenschaftler forscht in den USA zusammen mit führenden Kollegen aus aller Welt an der Verlängerung des Lebens. Bei Tieren gelingt es bereits: Mäuse, Fische, Fadenwürmer können offenbar verjüngt werden. Und längst gibt es Versuche beim Menschen für ein solches Zurückdrehen der Lebensuhr. Hinter diesen Forschungen – eine Milliardenindustrie. Tech-Mogule finanzieren den Wettlauf, denn: "Wer die Formel zuerst findet, wird Gold-Nuggets in Händen halten", so ein Insider aus dem Silicon Valley.
Wie alt wir werden, entscheiden auch unsere Gene. "Dort ist bestimmt, wie alt wir werden können, das gibt uns einen Möglichkeitsraum", sagt Professor Christoph Englert vom Leibnitz-Institut für Altersforschung in Jena. Diesen Möglichkeitsraum können wir mit unserem Lebensstil ausschöpfen oder verkürzen. Alle Voraussetzungen für ein gesundes Leben findet man in den "Blue Zones", den Regionen, in denen die Menschen besonders lange leben. Fünf Zonen gibt es auf der Welt, eine davon auf Sardinien. Giovanni Locci aus Seulo hat wohl auch das Methusalem-Gen: "Mein Vater wurde 101 Jahre alt, die Tante 102, meine Cousine sogar 106."
Ob Stars, Models oder wir normalen Bürger: Mit dem Altern werden alle konfrontiert. Seit seinem 30. Lebensjahr denkt auch Sänger Max Giesinger darüber nach: "Weil dann plötzlich diese Zahl da war, und dieses 'Okay, jetzt musst Du erwachsen sein'". Sängerkollege Michael Schulte, gerade mal 33, meint: "Manche fühlen sich mit 30 schon alt, manche erst ab 50, manche fühlen sich nie alt."
Das beweist Schauspielerin Uschi Glas mit ihren 79 Jahren: "Ich fühle mich überhaupt nicht alt. Ich fühle mich ganz quicklebendig, und ich bin immer noch bereit, alle möglichen Neuigkeiten zu lernen." Und die 102-jährige Stilikone Iris Apfel rät: "Cool bleiben Leute, das Einzige, was zählt."
Was also ist Altern überhaupt? Und was bedeutet es, wenn alle immer älter werden? Wie verändert sich eine Gesellschaft, wenn die Menschen mehr Jahre im Ruhestand als in Arbeit verbringen? Und lässt es sich verhindern, dass sich am Ende nur die Reichen die ewige Jugend leisten können? Mit Forschern, Experten, Models und 100-Jährigen geht die Dokumentation diesen Fragen auf den Grund.
Fragen an Prominente zum Thema Altern
Ab wann ist man alt?
Cathy Hummels, 35, Moderatorin und Influencerin:
"Ich glaube, das ist eine Frage des eigenen Alters. Also für mich ist es jetzt alt, 60, 70 zu sein. Ich bin jetzt 35. Für meinen Sohn bin ich uralt. Er hat auch schon zu mir gesagt: 'Mama, du alte Schachtel.'"
Max Giesinger, 35, Sänger:
"Also, ich kenne Leute, die sind Mitte 70, und die sind für mich überhaupt nicht alt, weil die immer noch für was brennen."
Hannes Jaenicke, 63, Schauspieler:
"Ich glaube, alt ist man, wenn man die Neugier verliert und mehr in der Vergangenheit als in der Zukunft lebt."
Michael Schulte, 33, Sänger:
"Manche fühlen sich mit 30 schon alt, manche erst ab 50, manche fühlen sich nie alt. Ich glaube, das ist hier so ein bisschen die Frage, was man daraus macht."
Wie gehen Sie mit dem Älterwerden um?
Collin Ulmen-Fernandes, 42, Schauspielerin:
"Ich habe das Gefühl, dass es gut ist, Lebenserfahrung zu haben. Dass man vieles nicht mehr so machen würde, wie man es früher gemacht hätte und man mit fortschreitendem Alter dazulernt. Insofern ist es total schade, dass das bei Frauen als Manko und nicht als etwas Gutes gesehen wird."
Nina Ruge, 67, ehemalige Moderatorin:
"Ich weiß, dass ich 70 Prozent meines Alterungsprozesses selbst beeinflussen kann. Das heißt also, konsequent sein: konsequente Bewegung, Ausdauersport, Krafttraining, gute Ernährung, gemüsebasiert, Nahrungsergänzungsmittel, Atemtraining, auf guten Schlaf achten etc. und auch natürlich mentale Resilienz. Üben liegt in meiner Hand, nicht in der der Götter."
Cathy Hummels, 35, Moderatorin und Influencerin:
"Je mehr Lebenserfahrungen man hat, desto mehr versteht man auch einfach die ganze Welt. Und viele Dinge, die mir in meinen Zwanzigern total wichtig waren, sind mir jetzt in meinen Dreißigern total egal. Ich frage mich ganz oft, warum hast du dich selbst da so unter Druck gesetzt."
Hannes Jaenicke, 63, Schauspieler:
"Es gibt einen großartigen Satz von Picasso, der gesagt hat: 'Wenn du dich zu alt für etwas fühlst, dann mache es erst recht.' An diesen Satz halte ich mich eisern. Es gibt viele Dinge im Leben, die ich noch nicht gemacht habe. Die mache ich aber noch oder mache sie jetzt schon oder probiere sie zumindest. Ich glaube, neugierig zu bleiben ist ganz wichtig. Sich dafür zu interessieren, was in der Zukunft passiert, engagiert zu bleiben, das halte ich für ganz wichtig. Sich sozial zu verhalten empfinde ich als ganz wichtig. Das hält auch jung. Ich glaube, das Schlimmste ist, wenn man in Selbstmitleid verfällt und anfängt, rückwärts zu denken. Ich glaube, das beschleunigt den Alterungsprozess ganz immens."
Tim Bendzko, 38, Sänger:
"Ich werde ja jetzt bald 40, also nicht ganz bald. Aber bald. Da hat man schon das Gefühl, die Hälfte ist rum, und das macht natürlich ein bisschen was mit einem. Fängt man schon an, drüber nachzudenken. Was will man denn in der zweiten Hälfte noch so erleben oder lieber nicht erleben?"
Nadine Breaty, 25, Influencerin und Autorin:
"Um jung zu bleiben, ernähre ich mich sehr gesund. Ich versuche, jetzt wieder mehr Sport in mein Leben zu bringen. Ich habe tatsächlich auch schon ein paar Sachen ausprobiert, die so auf dem Beauty-Markt zirkulieren, von Hyaluron-Drinks bis zu irgendwelchen Cremes. Aber ich bin gerade schon wieder auf dem Weg, davon wegzukommen, weil ich mich frage, wie viel es bringt. Ich glaube, die Industrie versucht die ganze Zeit, uns irgendwas zu verkaufen. Vielleicht tut es ein Apfel am Tag und einfach Wasser, damit man jung bleibt."
Uschi Glas, 79, Schauspielerin:
"Ich glaube, ganz wichtig ist es im Alter, dass man den Tag wertvoll macht, dass man jeden Tag zu schätzen weiß, dass man keine Zeit vergeudet mit irgendeinem Quatsch. Sondern dass man die Wichtigkeit und das, was man für sich selbst für wichtig hält, also beispielsweise die Familie oder die Enkelkinder oder auch die Aufgaben, die man dann noch hat, wirklich abwägt und sagt: "Ist es das wert, dass ich das mache? Oder lasse ich das lieber."
Würden Sie eine Pille gegen das Altern nehmen?
Collin Ulmen-Fernandes, 42, Schauspielerin:
"Wir wollen alle gesund altern. Insofern interessiert mich das Thema. Ich würde vielleicht auch so etwas nehmen, wenn ein Produkt länger auf dem Markt ist und die Studienlage dazu gut ist. Wenn man schon alt wird, dann will man auch gesund alt werden."
Nina Ruge, 67, ehemalige Moderatorin:
"Ich möchte so lange wie möglich gesund bleiben. Ich will nicht vier Alterskrankheiten haben mit 85 (…).Wenn ich weiß, das ist wirklich gut getestet, würde ich das nehmen."
Max Giesinger, 35, Sänger:
"Wenn es eine Pille gebe, die mir ein langes, gesundes Leben versprechen würde, würde ich die definitiv nehmen, ja. Also keine Pille, die einen unsterblich macht. Ich glaube, das wäre problematisch, weil, glaube ich, nur die Begrenztheit der Zeit Dinge wertvoll macht. Aber so bis in ein hohes Alter gesund zu sein, das finde ich dufte."
Uschi Glas, 67, Schauspielerin:
"Ehrlich gesagt würde ich an die Pille gar nicht erst glauben. Aber was passiert denn dann? Wird mein Geist fitter? Oder verschwinden die Falten? Oder ist die Sehkraft ein bisschen stärker? Oder kann ich noch besser hören? Was würde das bedeuten? Würde die Pille nur bedeuten, dass die Fältchen verschwinden? Ich habe keine Ahnung. Wenn man darüber nachdenkt, haben es sehr viele Menschen mit Demenz zu tun. Es wäre gut, wenn man das erforschen könnte, weil das wirklich eine Geißel und eine furchtbare Krankheit ist."
Hannes Jaenicke, 63, Schauspieler:
"Wenn es eine Pille gegen Demenz, Alzheimer gäbe, was eine absolute Volkskrankheit wird und geworden ist, würde ich wahrscheinlich nicht nein sagen. Wenn es um eine Pille geht, um körperlich schön und gut erhalten zu bleiben, halte ich das für gänzlichen Quatsch. Denn was hilft mir die schönste Hülle, wenn mein Hirn irgendwann zu Brei geworden ist?"
Fragen an Experten zum Thema Altern und Altersforschung
Was ist Altern?
Prof. Dr. Christoph Englert, Leibniz-Institut für Altersforschung, Jena:
"Es ist ein nicht reversibler kontinuierlicher Prozess, der bei so gut wie allen Tieren vorkommt. Er hat letztlich mit einer Verschlechterung von Organaktivität zu tun und endet irgendwann einmal tödlich. Das wäre eine ganz allgemeine Definition des Alterns. Früher war ich eher der Meinung, dass Altern mit der Verschmelzung von Ei und Samenzelle beginnt. Tatsächlich bin ich mir nicht mehr ganz so sicher, dass es das ist. Sollte man das Altern des Menschen nicht doch auf eine bestimmte höhere Lebensphase beschränken, in der es alterstypische Merkmale gibt, die etwas mit Körperhaltung, mit Faltenbildung, mit Organdysfunktion, mit der Notwendigkeit auf Hilfen im allgemeinen Sinne wie Hörgerät, Brille, Krückstock und so weiter zu tun haben? Sollte man das nicht besser als das Altern des Menschen bezeichnen?"
Was ist das Hauptziel der Altersforschung?
Dr. Nir Barzilai, Altersforscher, Albert Einstein College of Medicine, New York
"Healthspan is the time that we spend without being sick with a severe disease. I'm not saying not getting a cold, but without heart disease, cognitive or Alzheimer's, cancer, diabetes, or other diseases. We want to increase this time to the maximum so that we spend our days healthy."
Wie alt kann der Mensch maximal werden?
Prof. Dr. Christoph Englert, Leibniz-Institut für Altersforschung, Jena:
"Bei 120 scheint für uns Menschen eine natürliche Grenze zu sein. Das ist übrigens nicht untypisch. Es gibt für jede Tierspezies, die wir kennen, eine maximale Lebensspanne. Bei der Drosophila sind es drei Monate, bei der Maus drei Jahre und beim Schimpansen 40 Jahre. Bei uns Menschen sind es 120 Jahre. Meine Voraussage wäre, dass das auch so bleiben wird."
Was können wir heute schon gegen das Altern tun?
Prof. Dr. Sven Voelpel, Betriebswirtschafter und Altersforscher, Bremen
"Man kann tatsächlich sehr viel herausholen. Wenn man in die Statistik schaut, dann kann man schon alleine dadurch 18 Lebensjahre gewinnen, dass man nicht übermäßig trinkt und raucht. Mit einer positiven Einstellung zum Alter, Ernährung und Bewegung gewinnen wir schon 7,5 Lebensjahre. Wenn ich kein Couchpotato bin und nur auf der Couch sitze, sondern mich ein bisschen bewege, gewinne ich schon 6,5 Lebensjahre."
Können wir das Alter zurückdrehen?
Greg Fahy, Biogerontologe und Geschäftsmann
"We can actually do something that mankind has dreamed of doing since we've been around as a species, we're getting this evidence now – very hard scientific data suggesting that aging is something we can actually change and even reverse. (…)
The focus initially was on reversing immune system aging. The center of the immune system is a gland called the thymus. It's located in your chest and it manufactures T cells. And T cells are the foot soldiers of the immune system. They go out and kill things that want to kill you before those other things can succeed. And so, as we get older, your T cells are great out to about the age of 62, but then by about the age of 78 98% of their ability to protect you is gone. (...) We started a company to regrow the thymus, and that led to the effect of actually reversing aging. So, what we want to do is reverse global aging and specific aging of the immune system. We think that combination covers a great deal of territory and will be very beneficial for people."
Was bedeutet es für unsere Gesellschaft, wenn wir alle immer älter werden?
Prof. Dr. Christoph Englert, Leibniz-Institut für Altersforschung, Jena:
"Jeder möchte vielleicht 100 oder 110 werden. Es ist aber gesellschaftlich und politisch ganz sicher eine große Herausforderung und auch wirtschaftlich für das Krankensystem, etc. Denken Sie daran, dass wir derzeit mit 67 in Rente gehen müssen. Wir haben dann noch 20, 30, 40, 45 Jahre vor uns, ohne dass wir eigentlich Einkommen generieren, ohne dass wir produktiv sein können. Ich glaube, das sind schon Herausforderungen, mit der sich Gesellschaft, Politik und Ökonomie auseinandersetzen müssen und sich darauf einstellen müssen."