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Hohe Blutzuckerwerte sind in der Therapie mit Herzkreislauferkrankung überholt

Die Annahme, dass bei älteren Patienten mit Diabetes Typ 2 und Herzkreislauferkrankungen nicht so strenge Blutzuckerwerte bei der Therapie eingehalten werden müssen, ist überholt. Dies betont die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) e.V. mit Blick auf aktuelle unabhängige, internationale Studien. Demnach können diese Patienten durch die Kombination des bewährten Standardmedikaments Metformin mit dem SGLT-2-Hemmer Empagliflozin oder GLP-1 Rezeptoragonisten ohne erhöhtes Risiko für Herzkreislauferkrankungen,Unterzuckerung und Gewichtszunahme einen angemessenen Blutzuckerspiegel erzielen. Die DDG empfiehlt in ihren Leitlinien einen HbA1c-Zielwert von 6,5 bis 7,5 Prozent. „Leider herrscht in der gängigen Praxis häufig noch die Annahme, eine starke Blutzuckersenkung sei bei älteren Patienten ohne Nutzen und erhöhe vielmehr das Risiko für Nebenwirkungen“, betont Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Mediensprecher und Past-Präsident der DDG. Behandlungskonzepte mit hohen Blutzuckerwerten und niedrigem therapeutischen Aufwand seien angesichts der aktuellen Studienlage aus Sicht der DDG nicht mehr vertretbar.

 

Aktuell ist auf dem amerikanischen „American Diabetes Association‘s77th Scientific Sessions“ eine Studie für ein weiteres Diabetesmedikament der sogenannten Gliflozine vorgestellt worden: Bei Patienten mit Diabetes Typ 2 und einem bestehenden Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall zeigte es gegenüber der herkömmlichen Behandlung einedeutliche Verringerung von kardiovaskulären Erkrankungen. Laut der aktuell im New England Journal of Medicine erschienenen Studie senken Gliflozine – auch SGLT-2 Hemmer genannt – den Blutzucker, indem sie die Nieren veranlassen, überschüssige Glukose mit dem Harnauszuscheiden. Das führt zu einer leichten Blutdrucksenkung sowie einem Gewichtsverlust. Parallel wurde eine weitere große internationale Registerstudie mit amerikanischen und europäischen Daten veröffentlicht, die bei diesen Patientengruppen unter Behandlung von Gliflozinen ebenfalls auf eine signifikante Verringerung des Risikos für Herzkreislauferkrankungen hinweist.

 

Diese aktuellen wissenschaftlichen Forschungen bestätigen somit Erkenntnisse der EMPA-REG Outcome Studie zu Empagliflozin – einem Wirkstoff, dem nun auch der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA)in der jüngsten Neuauflage des Disease-Management-Programms(DMP) für bestimmte Patientengruppen mit Diabetes Typ 2 und Herzkreislauferkrankungen einen „beträchtlichen Zusatznutzen“ bescheinigt hat. Die wissenschaftlichen Ergebnisse der EMPA-REG OutcomeStudie wurden somit anerkannt.

 

Die Studie, an der 7000 Männer und Frauen mit Diabetes und einemerhöhten Risiko für Herzkreislauferkrankungen teilnahmen, hatte in der Fachwelt für Aufsehen gesorgt. Es zeigte sich, dass der Wirkstoff Empagliflozin das Auftreten des plötzlichen Herztods sowie die Entwicklung und Verschlechterung der Herzinsuffizienz bei Menschen mit bestehender Erkrankung des Herzkreislaufsystems drastisch senkt.Der Gesetzgeber hat erstmals dieser Substanz aus der Klasse sogenannter SGLT-2 Hemmer einen Zusatznutzen bescheinigt. Diese Substanzklasse senkt nicht nur den Blutzucker, sondern auch das Risiko einer gefährlichen Unterzuckerung und Gewichtszunahme. Normgerechte Blutzuckerwerte lassen sich im Rahmen eines individuell auf den Patienten abgestimmten Therapiekonzeptes demzufolge auch bei älteren Menschen mit Diabetes Typ 2 ohne Nebenwirkungen erzielen,so die DDG. „Für die betroffenen Patienten ist das auch im höheren Lebensalter ein großer Lebensgewinn“, sagt Gallwitz.Auch für die Medikamentenklasse der sogenannten GLP-1 Rezeptoragonisten,die als tägliche oder wöchentliche Injektion bei DiabetesTyp 2 gegeben werden, belegen Studienergebnisse eine Reduzierungdes Herzinfarkt-Risikos. Nebenwirkungen der Gliflozine wie Pilzinfektionenim Genitalbereich, die zu Beginn der Behandlung auftretenkönnen, sowie eine Übersäuerung des Blutes sind in der Regel gut zutherapieren. Das gilt auch für Übelkeit und Völlegefühl – eine Nebenwirkungder GLP-1 Rezeptoragonisten. Im Vergleich zu früheren Medikamenten mit einem hohen kardiovaskulären Risiko und den Gefahren von Unterzuckerung und Gewichtszunahme überwiegen nach Einschätzung der DDG hier eindeutig die Vorteile. „In Kombination mit dem bewährten Standardmedikament Metformin lassen sich mit diesen Medikamenten durchaus Blutzuckerwerte innerhalb des normgerechten Zielkorridors erreichen ohne erhöhte Hypoglykämiegefahr und typische Folgekomplikationen vermeiden“, verweist Gallwitz auf den erheblichen Therapie nutzen. Immerhin sei der größte Kostenfaktor bei der Behandlung des Diabetes nicht die Erkrankung selbst, sondern die hohe Gesamtsumme durch die typischen Folgekomplikationen.„In Deutschland werden bei der Behandlung älterer Patienten mit DiabetesTyp 2 leider noch zu häufig auf Grundlage längst überholter Erkenntnisse Therapieziele mit Blutzuckerwerten propagiert, die nicht akzeptabel und für die Patienten ein völlig falsches Signal sind“, so Gallwitz. Angesichts der aktuellen wissenschaftlichen Studienergebnisse sei es aus Sicht der DDG sehr zu begrüßen, dass die internationale Diskussion über eine entsprechende Überarbeitung der Behandlungsleitlinien nun begonnen habe.

 

Über die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG): Die DeutscheDiabetes Gesellschaft (DDG) ist mit über 9.000 Mitgliedern eineder großen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Deutschland. Sie unterstützt Wissenschaft und Forschung, engagiert sich in Fort- und Weiterbildung, zertifiziert Behandlungseinrichtungen und entwickelt Leitlinien. Ziel ist eine wirksamere Prävention und Behandlung der Volkskrankheit Diabetes, von der mehr als sechs Millionen Menschen in Deutschland betroffen sind.Zu diesem Zweck unternimmt sie auch umfangreiche gesundheitspolitische Aktivitäten.