• Januar 15, 2022
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Betroffene Frauen über hohes Erkrankungsrisiko aufklären

Hartnäckiges Übergewicht, vermehrte Körperbehaarung, dünner werdendes Kopfhaar, unerfüllter Kinderwunsch und Akne – dahinter kann ein Polyzystisches Ovarsyndrom (PCOS) stecken. Was viele betroffene Frauen nicht wissen: Die komplexe Störung des hormonellen Regelkreises erhöht auch ihr Risiko, an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken um das Zwei- bis Neunfache (1). Darüber hinaus bilden Patientinnen mit PCOS viermal häufiger eine Fettleber aus (2).  Entsprechend umfassend sollten Diagnostik und Therapie erfolgen. Doch bis heute ist die häufigste endokrinologische Erkrankung von Frauen im empfangsbereiten Alter in Deutschland nur unzureichend erforscht. Auf der gemeinsamen Online-Pressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) am Mittwoch, den 16. Juni 2021 um 11.00 Uhr, erläutern Experten den Zusammenhang von PCOS und Typ-2-Diabetes. Außerdem bewerten sie neue Therapie-Optionen.

Etwa 15 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter hierzulande leiden an einem PCOS (3). Dabei ist unter anderem die Balance der Geschlechtshormone gestört. Ein Überschuss an männlichen Hormonen kann zu einer Vermännlichung der weiblichen Silhouette führen. Ferner fallen entsprechend dem männlichen Verteilungsmuster Kopfhaare aus und wachsen dafür an anderen Stellen. Zu viel Testosteron stört außerdem die Entwicklung der Eibläschen. Dies macht sich als Zyklusstörung und Unfruchtbarkeit bemerkbar. In der Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke ist bei den Betroffenen in über 70 Prozent der Fälle eine typische perlschnurartige Anreihung der Eibläschen sichtbar. „Diese vielen kleinen Zysten haben der Erkrankung den Namen gegeben“, sagt Privat-Dozentin Dr. med. Susanne Reger-Tan, Leiterin des Diabeteszentrum Diabetologikum DDG der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel an der Universitätsklinik Essen.

Doch der Begriff „PCOS“ lässt den engen Zusammenhang mit Typ-2-Diabetes nicht auf den ersten Blick erkennen. Denn auch der Stoffwechsel ist betroffen: Viele Patientinnen leiden an starkem Übergewicht, das trotz aller Anstrengungen nicht weichen will. Dies liegt an einer ebenfalls auftretenden Insulinresistenz. „Die reduzierte Empfindlichkeit der Körperzellen, auf Insulin zu reagieren, führt zu einem Überschuss an Insulin im Blut“, so Reger-Tan. Der wiederum stimuliert die weitere Gewichtszunahme und verstärkt den Überschuss männlicher Hormone. Damit beginnt ein schwer zu durchbrechender Teufelskreis aus Insulinresistenz, Gewichtszunahme, noch mehr männlichen Hormonen und weiterer Abstumpfung der Körperzellen gegenüber Insulin. In der Folge drohen metabolische Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes schon in jungen Jahren sowie Schwangerschaftsdiabetes.

Die Vielfalt der Symptome bei PCOS, - die zudem in unterschiedlicher Ausprägung vorliegen können -, erfordert ein individuelles Vorgehen hinsichtlich der Therapiewahl: „Die optimale Behandlungsstrategie orientiert sich an den vorliegenden Symptomen und an dem individuellen Leidensdruck der betroffenen Frau. In jedem Fall sollte sie auch Konzepte zur Vermeidung von langfristigen Komplikationen wie Diabetes beinhalten“, fasst Reger-Tan zusammen. Dazu gehöre die konsequente Abklärung, Überwachung und gegebenenfalls Therapie möglicher Stoffwechsel-Erkrankungen, so die Endokrinologin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin. Die DGE und DDG erarbeiten derzeit zusammen mit anderen Fachgesellschaften eine gemeinsame nationale Leitlinie zur Therapie des PCOS (4).

Nach wie vor stehe jedoch keine zugelassene Pharmakotherapie zur Behandlung des PCOS zur Verfügung, bedauert Reger-Tan. Welche Rolle bei der Behandlung eines PCOS heute Metformin, ein bewährtes Antidiabetikum, spielt, aber auch neuere Anti-Diabetes/Adipositas- Medikamente - wie die sogenannten GLP-Rezeptor-Agonisten oder Inkretin-Analoga und die SGLT2-Inhibitoren - sind Themen auf der Online-Pressekonferenz der DDG und DGE am 16. Juni 2021.

„Jeder Behandelnde und jede Patientin sollte über das hohes Diabetes-Risiko Bescheid wissen – nur so können wir die möglichen Folgen eines PCOS beherrschen“, fasst Professor Dr. med. Matthias M. Weber, Mediensprecher der DGE, zusammen.