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Rheuma und Familienplanung

Von Dr. med. Rebecca Fischer-Betz

Die Familienplanung bei rheumatischen Erkrankungen stellt eine besondere Herausforderung in der Arzt-Patienten-Beziehung dar. Fast ein Drittel der Betroffenen ist bei Diagnose der Erkrankung noch keine 40 Jahre alt. Ein Grund für die Sorge von Ärzten und Patientinnen ist, dass sich Schwangerschaften auf den Verlauf und die Aktivität der zugrunde liegenden Erkrankung negativ auswirken können. Zudem ist eine Schwangerschaft mit erhöhten Risiken wie Fehlgeburten und Frühgeburten verbunden. Deswegen ist die Beratung der Patientinnen und die optimale Planung einer Schwangerschaft von immenser Bedeutung. Ein wichtiger Aspekt in der Beratung stellt die medikamentöse Therapie dar, die an die Zeit vor, in und nach der Schwangerschaft angepasst werden muss. Hier herrscht weiterhin oft Verunsicherung,welche Medikamente abgesetzt werden müssen beziehungsweise fortgesetzt werden können und wie man Schübe in der Schwangerschaft behandeln kann. Bei Frauen mit Kollagenosen, insbesondere einem systemischem Lupus erythematodes (SLE), besteht im Rahmen einer Schwangerschaft ein erhöhtes Risiko sowohl für einen Schub der Erkrankung als auch für eine geburtshilfliche Komplikation. Wie wichtig die Planung einer Schwangerschaft ist zeigt die 2015 veröffentlichte PROMISSE-Studie. Hierbei handelt es sich um die größte und vor allem prospektive Untersuchung zur Häufigkeit von Schwangerschaftskomplikationen bei Frauen mit inaktivem oder mild aktivem SLE zum Zeitpunkt der Konzeption. Über 80 Prozent dieser Schwangerschaften verliefen ohne Komplikationen, in weniger als 10 Prozent wurden Frühgeburten oder unterentwickelte Neugeborene beobachtet. Zudem trat ein schwerer Schub in weniger als 5 Prozent der Schwangerschaften auf. Bei Frauen, die einen Schub entwickelten, erhöhte sich dann allerdings das Risiko eines ungünstigen Schwangerschaftsausgangs gegenüber stabilen Patientinnen auf das circa sechsfache. Bei derrheumatoiden Arthritis (RA) verbessert sich die Erkrankungsaktivität bei etwa der Hälfte der Frauen während einer Schwangerschaft, beider anderen Hälfte bleibt sie aber behandlungsbedürftig und es können auch schwere Schübe auftreten. Dies trifft besonders oft zu bei Frauen mit schwererer Erkrankung und bei Frauen, die bei der Konzeption eine aktive Erkrankung aufweisen. Schübe beziehungsweise entzündliche Aktivität in der Schwangerschaft wirken sich negativ auf das Risiko von Schwangerschaftskomplikationen auf. Zum Beispiel sind Frühgeburten und Geburten wachstumsverzögerter Kinder dann häufiger. Eine Strategie mit dem Ziel der Remission beziehungsweise „lowdisease activity“ wird heute daher für Frauen mit Kinderwunsch verfolgt. Bei sero-negativen Frauen mit mildem Krankheitsverlauf kann erwogen werden, die Therapie in der Schwangerschaft zu reduzieren.RA-Patientinnen, die mit einem Biologikum behandelt werden und dieses vor beziehungsweise bei Konzeption aussetzen, haben dagegen ein deutlich erhöhtes Risiko für einen Schub in der Schwangerschaft.Für diese Frauen gilt es, individuell die beste und sicherste Behandlungsmethode zu finden. Der aktuelle Wissensstand zeigt, dass Frauen mit einer gut eingestellten Erkrankung höhere Fertilitätsraten aufweisen,weniger Erkrankungsschübe und Komplikationen in der Schwangerschafterleben und mehr gesunde und normal gewichtige Kinder bekommen. Erschwert wird eine „evidenzbasierte“ Beratung durch ungenügende Daten zur Pharmakotherapie im Rahmen von Schwangerschaften.Dies betrifft insbesondere die schnell wachsenden neuen Therapiemöglichkeiten. TNF-?-Inhibitoren sind die einzigen bereits gut untersuchten Biologika in der Schwangerschaft; die verfügbaren Daten zeigen kein erhöhtes Risiko für spezifische Fehlbildungen. Zu anderen Biologika wächst die Datenlage erst langsam an. Zur weiteren Beurteilung der Sicherheit sollte der Ausgang von möglichst allen Expositionen dokumentiert werden - nicht nur die positiven oder negativen Folgen. Seit September 2015 ist das erste deutschlandweite Register für Frauen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen online(RHEKISS). Das Register ist ein Gemeinschaftsprojekt des Rheumazentrums Rhein-Ruhr und dem Deutschen Rheumaforschungsinstitut in Berlin. Es soll zu einer höheren Sicherheit in der Betreuung von Kinderwunsch- und schwangeren Patientinnen beitragen und die Aufklärung der betroffenen Frauen erleichtern.