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Leka- Traum der Angler
Wie eine Dresdner Männerrunde in Norwegen fischen ging: Armand Übel (Geschäftsführer Coiffeur Lauda), Jens Werner (selbständiger Bauingenieur), Heiko Seidel (Maschineningenieur) und Fred Müller (Disponent)
Der Traum Norwegen erfüllt sich. Familie und Geschäft erlauben es endlich 14 Tage mit Freunden in rauer See und schöner Natur dem Fisch nachzustellen. Zuvor kommt aber eine lange Anfahrt. Jens, Heiko, Fred, ich und bergeweise Gepäck, Verpflegung und Angelzeug. Nicht zu vergessen den Schluck zum Feierabend. Fred war schon einige Male in Norwegen und meinte, es ist besser so viel Proviant und Getränke mitzunehmen, wie wir verstauen können. Also das Auto bis in die letzte Ritze voll gestopft und den Dachkoffer mit dem leichten Zeug gefüllt.
Samstagabend gegen 20 Uhr ging es in Dresden los. 1000 km bis Hirtshals in Dänemark. Abfahrt der Fähre sonntags 12 Uhr. Trotz Nebels kommen wir bereits am frühen Morgen gut an der Fähranlegestelle an. Noch 6 Stunden Zeit bis zur Abfahrt. Wir waren wohl mit unserer Zeitplanung etwas übervorsichtig.
Auf der Fähre wird einem dann viel geboten; Schwimmhalle, Tanz, verschiedene Restaurants, aber keine Schlafstühle. Und Schlaf hatten wir nötig. Also in irgendeiner Ecke mit unbequemen Stühlen etwas gegessen und ein Bierchen, oder waren es zwei, getrunken und so versucht irgendwie zu schlafen. Bei der Ankunft 20.30 Uhr in Oslo waren wir alles andere als ausgeruht. Beim nächsten Mal werden wir eine Schlafkabine nehmen.
In Oslo beim Zoll der große Schreck. Kontrolle. Aber der Beamte hatte ein Einsehen und sicherlich auch Verständnis. Nach einem Blick in unsere Karte mit der Reiseroute ließ er uns nicht ohne Belehrung über die zulässige Menge Alkohol bei der Einfuhr fahren. Wir hatten jetzt ca. 900 Kilometer vor uns. Unser Reiseziel, die Insel Leka liegt ca. 100 Kilometer vor dem Polarkreis in Nord-Trondelag.
Über Lillehammer ging es auf der E 6 nach Trondheim und weiter in Richtung Norden. Da diese Straße immer weiter ausgebaut wird, schafften wir es noch in der Nacht durch Trondheim. Irgendwo auf dieser Strecke haben wir im Auto am Wegesrand geschlafen. Mehr als 2 Stunden war aber nicht drin. Zu unbequem für 4 ausgewachsene Männer.
Weiter ging es bis Grong. Langsam konnte man die Schönheit Norwegens durch die beschlagenen Scheiben erkennen. Die Straße führte jetzt oft an Gewässern entlang, welche noch reizvoller durch die vielen Wasserfälle wirkten. Von Grong ging es über die R 17 eine um Fjorde geschlungene, malerische Straße bis Gutvik. Hier legt alle 90 Minuten eine kleine Fähre im Pendelverkehr zur Insel Leka ab. Diese Fährverbindungen sind dort so selbstverständlich wie bei uns Bus und Straßenbahn.
Kurz nach Mittag waren wir dann endlich am Ziel: Leka Motel und Camping. Die Betreiber Anne-Britt und Jostein machten gleich das Angebot zum selben Preis ein Motelzimmer und ein Boot mit 20 PS anstatt des gebuchten 10 PS Motor, zu bekommen. Es hatte die ganze Zeit vor unserer Ankunft geregnet und es sollte noch stürmischer werden in den nächsten Tagen. Damit wir uns wohlfühlen, sollten wir dieses Angebot ruhig annehmen, denn die gebuchte Steinhütte, so romantisch wie sie auch ist, besteht nur aus einem Raum mit kleiner Heizung und Kochplatte. Im Motelzimmer hat man Eingangsbereich mit Küche, Toilette mit Dusche, mehr Freiraum und vor allem reichlich Heizungen.
Aber erst mal waren wir da. Jens und Heiko packten in Ruhe das Auto aus. Fred und mich hielt es nicht in der Hütte. Raus, aufs Wasser. Das Boot ist klasse. Geräumig, sicher und für Angler ideal. Ernüchterung auf dem Wasser. So schnell ist kein Fisch gefangen und schon wurde es dunkel. Na, wenigstens vorm Auspacken gedrückt.
Entgegen der Voraussagen war das Wetter am Dienstag richtig schön. Nach einem ausgiebigen Frühstück ging es hinaus, die Gewässer zu erkunden. Es ist ein herrlicher Anblick mit einer Nussschale im Fjord und in der Ferne die Berge. Die Sonne schien, der Wind blies mild und in der Thermoskanne war aromatischer Tee. Plötzlich waren auch die Fische da. Anglerherz was willst du mehr. Heiko und Jens hatten das erste Mal in ihrem Leben eine Angel in der Hand und gleich Fische an der Rute, auch davon sind wir zu Hause in Deutschland meilenweit entfernt. Ich glaube Jens hat das Angelfieber gepackt. Wir hatten ein Sammelsurium an Fisch abends auf dem Filetiertisch. Dorsch, Leng, Schellfisch, Makrele und Köhler, welcher bei uns im Fischladen als Seelachs auf dem Tresen liegt.
Was abends nicht in die Pfanne oder Kochtopf gekommen ist, ging in den Frost für die Lieben zu Hause. Das Wetter hielt nur zwei Tage, dann wurde es immer windiger und regnerischer. Die Fänge wurden immer weniger und wir trauten uns auch bei zunehmendem Seegang nicht mehr so weit hinaus. Oft schoben sich Nebelbänke vor Festland oder Insel. Als Landratten wird einem da schon etwas anders. Jetzt bewährte sich auch der stärkere Motor.
Unser Vermieter Jostein war sehr freundlich und hatte immer ein offenes Ohr für uns Angler. Er gab uns sein GPS-Gerät und zeigte uns auf der Seekarte eine Stelle im Fjord, wo er jetzt große Fische vermutet. Am nächsten Tag war diese Stelle unser. Es handelt sich um ein Plateau von ca. 200 Meter Länge in einer Tiefe von 120 Metern ansteigend bis auf ca. 55 Meter. Rechts und links davon ging es bis ca. 250 Meter tief hinab.
Wir versuchten unser Glück mit großen Kreishaken, so wie die Langleinenfischer sie verwenden. Als Köder nahmen wir Köhler bis 30 cm. Davon 3 übereinander im Abstand von 40 cm. Um auf Tiefe zu kommen war am Ende der Schnur ein Gewicht zwischen 300 –500 Gramm angebracht. Einige gute Fische später, der erste Heilbutt. Schlechthin der Traum eines Anglers. Es war kein Riese, aber der Erste. Leider konnten wir ihn nicht richtig mit dem Gaff landen.
Nächster Tag, gleiche Stelle. Hänger! Doch plötzlich kommt Leben in die Rute. Dutzende Meter Schnur verlassen kreischend die Angelspule. Bremse fester drehen, die Rutenspitze geht halbkreisförmig mit der Spitze unter Wasser. Nach ca. 20 Minuten sehen wir einen großen, weißen Körper aus der Tiefe kommen. Der Heilbutt gibt sich so schnell nicht geschlagen und nimmt immer wieder Schnur. Es war ein packender Kampf, den der Heilbutt gewann. Wir schafften es wieder nicht das Gaff richtig anzusetzen. Der Fisch schlug an der Oberfläche um sich, zeriss die Montage und verschwand in die Tiefe.
Stille an Bord. Erste Erklärungsversuche. Atem holen. Fred schmerzten die Arme von seinem Drill, Paul und ich waren einfach nur zutiefst bestürzt. Minuten vergingen bis unser Adrenalinspiegel den Normalpegel wieder erreicht hat. Unsere Schätzungen für die Größe des Fisches lagen bei einer Länge von 180 cm. Irgendwann muss es mit einem Heilbutt klappen. Also nächsten Tag wieder gleiche Stelle. Wir hatten Glück. Dieses Mal hatte ich einen zwar wesentlich kürzeren aber trotzdem spannenden Drill. Endlich bekamen wir einen 82 cm langen Butt ins Boot und noch am gleichen Abend in die Pfanne.
Es ist erstaunlich, welche schönen kräftigen Files aus einem scheinbar so flachen Fisch herauskommen. Das Wetter wird zunehmend schlechter, Wind und eine starke Drift lässt die Fangquoten gegen null sinken. Nur noch kleine Köhler.
Die letzten zwei Tage streikten alle. Keiner wollte mehr Fisch essen. Endlich gab es mal Makkaroni oder handgeschabte Spätzle. Die Zeit verging wie im Fluge. Plötzlich war der Urlaub zu Ende und wir mussten nach Hause. Leka verließen wir 16.40 Uhr am Donnerstag. Wir nahmen uns noch die Zeit Oslo einen Tag lang zu besichtigen. Am Freitagabend 20.30 Uhr ging unsere Fähre von Oslo nach Hirtshals. Mit Schlafkabine. Samstagabend endlich wieder zu Hause.
Der schockgefrostete Fisch hat auch gehalten, dank Thermokiste und Rettungsdecke aus dem Sanikasten. Meine Frau ruft. Heute gibt es Dorsch in Dillsoße. Lecker! Beim Gang in die Küche durchfährt mich ein Gedanke. Ein neues, ordentliches Gaff haben wir jetzt. Da könnte man eigentlich wieder. Nächstes Jahr!
(A. Uebel, F. Müller; Disy Men Winter 2005/06)