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Im EssZimmer
Im zweiten Stock der BMW-Welt, mit Blick über die Ausstellungshalle, liegt das „EssZimmer“, für das Sternekoch Bobby Bräuer den Kochlöffel schwingt. Nicht viele haben es geschafft, vom Guide Michelin mit zwei Sternen bedacht zu werden. Bräuer erhielt den ersten Stern bereits kurz nach der Eröffnung 2013, den zweiten nur ein Jahr später. Im Disy-Interview erfuhren wir, wie er internationale Küche kombiniert, was das Ambiente eines Restaurants ausmacht und warum es schwierig ist, an Lebensmittel mit guter Qualität heranzukommen.
Experimentieren Sie viel in der Küche?
Bräuer: Ich habe eine Linie, die ich für mich selber vorgegeben habe. Ich würde nicht der Effekthascherei wegen irgendetwas auf die Karte nehmen. Mein Essen soll Sinn und Zweck haben und vor allem schmecken. Es geht mir nicht darum hip zu sein. Aber vielleicht bin ich auch ein bißchen zu alt dafür.
Welche Rolle spielt bei Ihnen das Ambiente?
Bräuer: Eine sehr große. Heutzutage ist der Erfolg eines Restaurants eine Mischung aus Küche, Weinkarte, Ambiente und Service. Der Gast eines Sternerestaurants ist Einiges gewöhnt. Er ist viel gereist, hat unglaublich viel gesehen, hat auf jedem Kontinent gegessen und gewohnt. Der vergleicht automatisch und weiß, in welchem Restaurant es ihm – aus welchen Gründen auch immer – am besten gefallen hat. Der Blick aus dem 70. Stock in einem Restaurant in Tokio ist etwas Besonderes, womit nicht jeder mithalten kann.
Wie versuchen Sie, mit dem „EssZimmer“ herauszustechen?
Bräuer: Wir sind durch die Lage in der BMW-Welt prädestiniert, das ist ganz klar. Da haben wir auch echt Glück gehabt. Aber ich achte auch auf die Tischkultur. Wir lassen den Platzteller weg, weil den keiner braucht. Wir gehen weg von Silber oder zu viel Opulenz. Ich wähle genau aus, welche Gläser, Blumen oder Tischdecken ich hier haben will. Jeder hat seinen eigenen Stil und seine Vorlieben, ich mag es am liebsten puristisch, aber dafür mit hochwertigen Materialien. Und ich glaube auch, dass die Gäste es heutzutage lieber schlicht mögen.
Haben Sie feste Händler für Ihre Zutaten?
Bräuer: Auf jeden Fall, für Fisch, Fleisch, Gemüse, alles. Da habe ich seit langer Zeit feste Lieferanten. Das ist sehr wichtig, weil man sich darauf verlassen können muss, dass das Produkt der optimalen Qualität entspricht und die richtige Größe hat. Das ist ein jahrelanger Prozess, da die richtigen Partner zu bekommen. Heutzutage ist es schwer, Lebensmittel in der besten Qualität zu kriegen.
Wie kommt das?
Bräuer: Die Lieferanten können nicht unbedingt etwas dafür. Im Endeffekt muss ich nehmen, was da ist. Fisch beziehen wir nur aus Wildfang. Wenn ich jetzt eine Rotbarbe aus Frankreich haben will, die 500 bis 800 Gramm wiegen soll, muss ich das Glück haben, dass sie im Atlantik gefangen und in Paris kommissioniert werden. Wenn nichts gefangen wurde, habe ich Pech gehabt.
Was kochen Sie privat gerne?
Bräuer: Relativ wenig, weil die Zeit immer drängt. Zuhause wechsel ich mich auch mit meiner Frau mit dem Kochen ab. Dann bevorzugen wir eher einfache Gerichte, wie Pasta oder Salat. Ich bin den ganzen Tag über in der Küche beschäftigt und bin ganz froh, zuhause damit mal nichts zu tun zu haben. Im Urlaub allerdings koche ich gerne, dann habe ich mehr die Muße dazu. Ich kaufe Zutaten auf dem Markt ein, stelle mir selbst etwas zusammen. Dann stelle ich mich auch gerneeineinhalb Stunden in die Küche und empfi nde das als Entspannung.
Warum ist Ihr Menü so international?
Bräuer: Auf der einen Seite haben wir viele Gäste, die von überall herkommen. Auf der anderen Seite kann man heutzutage gut mit unterschiedlichen Zutaten experimentieren und verschiedene Aromen verarbeiten. Wir haben immer das Menü „Herzstück“, dort bieten wir regionale Produkte, und das Menü „Exkursion“, mit dem wir international unterwegs sind. Unsere Basis ist die moderne, französische Küche, von dort haben wir viele Produkte. Aber ich habe mir als Koch immer die Tür offen gehalten, auf die internationale Küche auszuweichen. Sonst würde ich mich selbst zu sehr einschränken und auch von der Menüvielfalt her irgendwann im Kreis drehen.
Was lassen Sie besonders gerne in diese Menüs einfließen?
Bräuer: Ich habe oft eine asiatische Komponente mit auf der Karte. Das kommt immer gut an, ebenso wie Pasta. Letztens hatten wir noch die Interpretation der Carbonara, momentan stehen Kartoffel-Gnocchi mit Kaninchen und Oktopus auf der Karte. Die mediterrane Küche hat auch viel zu bieten, was man in verschiedene Gerichte einfl ießen lassen kann. Heutzutage kann man kochen, worauf man Lust hat.
Viele Ihrer Gerichte sind aufwendig dekoriert, Sie arbeiten mit frischen und kräftigen Farben. Wie viel Wert legen Sie auf die Optik?
Bräuer: Farbe auf dem Teller macht doch Spaß. Das Wichtigste an einem Essen ist selbstverständlich der Geschmack, aber auch die Optik spielt eine große Rolle. Es soll schön angerichtet sein, die Farben in eine Gesamtkomposition mit eingebracht werden. Dann sieht es auch appetitlich aus und macht wirklich Lust auf das Essen.
Woher kriegen Sie Ihre Inspiration?
Bräuer: Wir überlegen sehr viel im Team und probieren immer mal ein paar Sachen aus. Zuerst müssen wir wissen, was wir auf die Karte nehmen könnten – welcher Fisch, welche Krustentiere, welches Fleisch passt in die Saison. Damit haben wir die Grundprodukte und kreieren daraus das Menü. Wir überlegen, welches Teil vom Fleisch wir nehmen, wie wir es verpacken oder präsentieren können, welche Beilagen zur Jahreszeit passen. In den warmen Monaten arbeiten wir eher mit Vinaigrette oder leichten Saucen, im Winter mit kräftigen Aromen.
Sie haben zwei Sterne, welche Ziele haben Sie?
Bräuer: Schwierige Frage. Ich bin keiner, der sagt, dass jetzt unbedingt noch etwas passieren muss. Wir versuchen, kontinuierlich auf hohem Niveau zu arbeiten und täglich Bestleistungen abzurufen. Wir sind mit unseren Auszeichnungen und Wertungen relativ weit oben angesiedelt und das zu halten, ist schwierig genug. Wenn das in Zukunft so bleibt, bin ich weiterhin glücklich. Wir sind so gut, wie wir sind. Wichtig ist das positive Feedback von den Gästen.