David Bowie war seit fast 50 Jahren einer der angesehensten und beachtenswertesten Künstler der Welt, sein Einfluss ging weit über die Musik hinaus. Sein Leben als Kunstsammler hielt er jedoch fast völlig von der Öffentlichkeit fern. Nun wird erstmalig diese wenig bekannte Seite von David Bowie in Gänze gezeigt.
Im November hat Sotheby’s die Auktion Bowie/Collector durchgeführt – in einer aus drei Teilen bestehenden Versteigerung kam eine Auswahl von rund 400 Objekten aus der Privatsammlung David Bowies zum Aufruf.
Der Kern der Sammlung bildete die moderne und zeitgenössische britische Kunst - eine besonders schöne Gruppe von mehr als 200 Werken zahlreicher bedeutender britischer Künstler des 20. Jahrhunderts, darunter von Henry Moore, Graham Sutherland, Frank Auerbach und Damien Hirst. David Bowies bekanntlich neugieriger Geist führte ihn auch zur Outsider-Art, zum Surrealismus, zur zeitgenössischen afrikanischen Kunst und nicht zuletzt zu den Kreationen des exzentrischen italienischen Designers Ettore Sottsass und der Memphis-Gruppe. Es war eine mit Bedacht zusammengestellte Sammlung basierend auf Bowies sehr persönlicher, intellektueller Reaktion auf einzelne Visionen und Werke bestimmter Künstler. Vom 1. bis 10. November 2016 wurde die Privatsammlung David Bowies in den Räumen von Sotheby’s in der New Bond Street in London ausgestellt, um Fans, Kunsthistorikern und Sammlern die einmalige Möglichkeit zu geben, in seine Kunst und Welt einzutauchen. Weitere Ausstellungen folgen in Los Angeles, New York und Hongkong. Der Katalog zu der Auktion ist erhältlich und www.sothebys.com/ BowieCollector. Ein Sprecher des Nachlasses von David Bowie sagt: „Der Motor für David Bowies Kunstsammlung, die er mit Leidenschaft zusammengetragen hat, war sein persönliches Interesse. Er suchte stets und förderte Leihgaben aus der Sammlung, und es freute ihn sehr, die in seiner Obhut befindlichen Werke mit der Öffentlichkeit zu teilen. Zwar hat seine Familie bestimmte Stücke von besonders persönlicher Bedeutung behalten, jedoch ist es jetzt an der Zeit, anderen die Möglichkeit zu geben, die Kunst und Objekte zu wertschätzen - und diese zu erwerben - die er so bewunderte.”
Bowie & die Welt der Kunst
Bowies intensives Engagement in der Kunstwelt kann nicht stark genug herausgestellt werden. Er war Künstler, Kritiker, Mäzen, Herausgeber, Kurator und Redakteur und seine Leidenschaft galt der modernen britischen Kunst. Im Jahre 1994 führte David Bowie als Mitglied der Redaktion des Magazins Modern Painters, der er per Einladung beitrat, Interviews mit den Künstlern Jeff Koons, Damien Hirst und Tracey Emin - für einen Rockstar ein relativ unkonventioneller Schritt. 1998 lancierte er mit Karen Wright, seinerzeit Redakteurin bei Modern Painters, den Galleristen Bernard Jacobson und Sir Timothy Sainsbury, den Kunstbuch-Verlag 21. Seine Zeit bei 21 erinnert vermutlich an die wohl berühmtberüchtigtste Falschmeldung in der Kunstgeschichte, als Bowie anlässlich einer Buchpräsentation über das Leben und die Arbeit des mysteriösen Künstlers namens Nat Tate - eine fiktive Schöpfung seines Freundes des Romanciers William Boyd - im Atelier von Jeff Koons in Manhattan ein kunstvolles Fest ausrichtete. Bowie malte Zeit seines Lebens und bewegte sich innerhalb der künstlerischen Communities sowohl in London als auch in New York und Berlin. Erstmalig traf er Andy Warhol 1971 im legendären Studio „Factory“ in New York, und wurde für seine Darstellung des amerikanischen Pop-Pioniers in Julian Schnabels Filmbiografie von 1996, Basquiat, von der Kritik bejubelt.
Die Sammlung im Fokus
„Als Sammler hielt Bowie Ausschau nach Künstlern, mit denen er sich verbunden fühlte, und nach Werken, die ihn motivierten und inspirierten - besonders, wenn es sich dabei um vom Mainstream wenig Beachtete handelte. Das führte ihn zur britischen Kunst des 20. Jahrhunderts, in der er sich wieder fand“, so Simon Hucker, Senior Specialist im Bereich Modern & Post-War British Art bei Sotheby’s. Geboren und aufgewachsen in Südlondon, ist es nicht erstaunlich, dass sich Bowie von den Chronisten der Straßen der Hauptstadt wie Harold Gilman, Frank Auerbach und Leon Kossoff angezogen fühlte, ebenso wie von David Bomberg, dessen Werke er sammelte. Fern von der Stadt, war für Bowie die britische Landschaft eine konstante Quelle der Inspiration, hier insbesondere veranschaulicht durch die Werke der St Ives School, die vermehrt in der Sammlung vertreten sind, sowie den zeitgenössischen Künstlern wie Ivon Hitchens und John Virtue. Bowies Sammelleidenschaft konzentrierte sich nicht ausschließlich auf die britische Kunst: Von den Pionieren des frühen 20. Jahrhunderts wie Marcel Duchamp über Jean-Michel Basquiat (vertreten durch das Meisterwerk Air Power von 1984 in der Londoner Vorbesichtigung im Sommer) bis zur zeitgenössischen afrikanischen Kunst und den Outsider-Künstlern aus dem Gugging Institut in Wien zeichnet sich die Sammlung durch ein breites Spektrum an Gemälden, Zeichnungen, Skulpturen, Druckgrafiken und Fotografien aus. In den nächsten Wochen und Monaten werden die Sammlung in ihrer Gesamtheit und das Porträt eines visionären, intellektuellen Sammlers mit einem weiten Interessengebiet gezeigt. Darüber hinaus war Bowie ein unersättlicher Sammler der Kreationen Ettore Sottsass und seinem revolutionäre Memphis-Design. „Die Künstlergemeinschaft Memphis Milano, angeführt von Ettore Scottsass, hätte für ihre Werke des historisch avantgardistischen Designs niemand Empfänglicheren finden können als David Bowie. Es ist ein Design ohne Grenzen. Wenn man sich auch nur ein Objekt der Memphis-Gruppe betrachtet, erkennt man schon deren unkonventionelle Arbeitsweise, den bunten Wechsel aus Formen und Mustern, ähnlich wie bei einem Kaleidoskop, sowie die leuchtenden Farbkontraste, die eigentlich gar nicht funktionieren dürften und es dennoch tun“, sagt Cécile Verdier, Co-Head des 20th Century Design bei Sotheby’s.