• Dezember 11, 2023
  • 3329 Aufrufe

Die Kritik am Voluntourismus 

Im Gegensatz zur echten Freiwilligenarbeit steht das Erlebnis der Reisenden beim Voluntourismus klar im Vordergrund. Allein das ist ein Fakt, der Menschen aufhorchen lassen sollte, die sich mit Nachhaltigkeit im Tourismus beschäftigen. Denn eine „Freiwilligenarbeit“, deren Fokus vor allem das Wohlgefühl der Teilnehmenden zum Ziel hat, verliert den eigentlichen Zweck aus den Augen: Einen positiven Einfluss auf die Menschen und die Umwelt vor Ort zu nehmen.

Um diesen Kern herum gruppieren sich die weiteren, allgemeinen Kritikpunkte um Voluntourismus: 

  1. Meist sind die Aufenthalte sehr kurz, manchmal nur einen Tag lang. Da bleibt keine Zeit für eine entsprechende Vor- und Nachbereitung sowie einer Reflexion, die essentieller Bestandteil von Freiwilligenaufenthalten sind.
  2. Daraus resultiert, dass die Einarbeitung der Freiwilligen länger dauert, als diese aktiv und effektiv am Projekt teilnehmen. Ehe sie sinnvoll in das Team eingebunden werden können, reisen sie schon wieder ab. Das kostet Ressourcen, sowohl zeitliche als auch menschliche.
  3. Voluntouristen müssen keine fachlichen oder sprachlichen Kenntnisse oder Fähigkeiten vorweisen. Auch Personenüberprüfungen oder das Vorweisen eines polizeilichen Führungszeugnisses fallen weg. Insbesondere bei der Projektarbeit mit Kindern ist dies kritisch zu betrachten. Zudem können unausgebildete und fachlich nicht kompetente Teilnehmende zum Teil eher schaden als nutzen. 
  4. Voluntourismus-Anbieter arbeiten gewinnorientiert. Es handelt sich dabei in den wenigsten Fällen um NGO's oder Non-Profit-Organisationen, sondern um kommerzielle Reiseveranstalter.

Tatsächlich haben Voluntourismus-Projekte sogar das Potenzial, mehr zu schaden, als Positives zu tun. So gibt es immer wieder Fälle, wo beispielsweise Waisenhäuser inszeniert werden, in denen Kinder ausgebeutet werden, die noch immer Eltern haben oder die Kinder „zur Schau gestellt werden“ (zum Weiterlesen empfehlen wir diese Berichte der ECPAT (Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung).

Auch können kommerzielle Freiwilligenarbeitsprojekte die lokale Community von den Freiwilligen abhängig machen. Dazu kommen die ethische Fragwürdigkeit solcher Praktiken und der Umwelteinfluss durch die Reisen der Freiwilligen.

Nachhaltigkeit oder Greenwashing?

Seriöse Organisationen für Freiwilligendienste bieten meist gar keine kurzen Aufenthalte an. Auch darauf, dass eine ausführliche Vor- und Nachbereitung stattfindet, sollte man bei der Auswahl von Projekten achten, insbesondere dann, wenn man sich für Projekte außerhalb des eigenen Kulturkreises interessiert. Zur Vorbereitung gehört auch ein Qualifikationscheck, bei dem die Fähigkeiten der potenziellen Freiwilligen einem passenden Projekt zugeordnet werden. 

Schlussendlich geht es auch darum, was beim Freiwilligendienst getan wird. Ist es lediglich ein Projekt, dass den sogenannten White-Savior-Komplex westlicher Reisender bedient? Oder hat die Initiative echte positive Auswirkungen vor Ort? Arbeitet der Anbieter eng mit der lokalen Community zusammen oder ist es sogar eine lokale Initiative? Gibt es transparente Dokumentationen über das Projekt? Wie wird die Sicherheit von Kindern garantiert?

Auf Reisen Gutes tun: Alternative zum Voluntourismus 

Wer auf der eigenen Reise die Menschen vor Ort unterstützen und die Umwelt schützen will, kann dies tun, indem er nachhaltig und bewusst reist. Das heißt: Möglichst mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuß unterwegs sein, in lokalen Restaurants essen und bei den Menschen vor Ort einkaufen, familiengeführte Unterkünfte bevorzugen usw.

Wenn man aktiv mit anpacken will, kann man sich vor Ort nach Projekten erkundigen. Beach Clean-Ups sind zum Beispiel eine beliebte Aktivität und wenn man ohnehin nachhaltig unterwegs ist, hat das auch nichts mit Greenwashing oder „Ablasshandel“ zu tun. Wer allerdings 364 Tage im Jahr nicht nachhaltig lebt und sich dann damit rühmt, im Urlaub einen Strand gesäubert zu haben … 

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, sich im Hotel zu engagieren. Nachhaltige Unterkünfte haben oft eigene Projekte, mit denen sie in der Region aktiv sind. Auch kleine Entscheidungen, wie der Verzicht auf die Zimmerreinigung, werden zum Beispiel durch Spenden an gemeinnützige Vereine honoriert. Wie solches Engagement noch aussehen kann, zeigen die Green Pearls® Hotels.

Verzicht auf die Zimmerreinigung

Immer mehr Hotels verzichten auf die tägliche Zimmerreinigung. Das freut nicht nur uns, sondern auch die Gäste geben positives Feedback. „Viele befürworten diese Maßnahme, um unsere Ressourcen und die Umwelt zu schützen“, berichtet zum Beispiel das HUBERTUS Mountain Refugio im Allgäu. Im Hotel Klosterbräu können die Gäste auf die Zimmerreinigung verzichten. Dafür spendet das Hotel drei Euro in das Seefelder Wald- und Bienenprojekt. Ähnlich wird es im Klosterhof – Alpine Hideaway & Spagehandhabt. So konnten in den letzten Jahren mehrfach fünfstellige Summen für die Bergrettung gesammelt werden.

Aufräumen und Clean-Ups

Während das Ablehnen der Zimmerreinigung eher passiv ist, können Gäste bei Aufräumaktionen und Clean-Ups direkt mit anpacken. Im thailändischen Keemala geht es alle zwei Wochen an den Kamala Beach, wo das Team die Community dabei unterstützt, die Bucht müllfrei zu halten. Gäste sind herzlich eingeladen, sich daran zu beteiligen.

Auch im SCHWARZWALD PANORAMA geht es regelmäßig in den Wald. Insbesondere als Teil des Tagungsprogramms wird ein Schwarzwald-Clean-Up angeboten. Dabei geht es dem Hotel jedoch nicht nur darum, den Wald von Müll zu befreien, sondern auch das Bewusstsein der Teilnehmenden zu erweitern. Nach dem Sammeln wird deshalb das Gesammelte gewogen und auf die Vielfalt des Mülls hingewiesen.


Pflanzaktionen

Neben Aufräumaktionen an den Stränden der Insel können sich Gäste des Eco Aparthotel The Dreamer’s Club auf Kor?ula auch an Pflanzaktionen beteiligen. Generell möchte das Hotel seine Gäste zu umweltbewusstem Verhalten inspirieren und motivieren, in dem es zum Beispiel wiederverwendbare Einkaufsbeutel zur freien Nutzung zur Verfügung stellt.

Im Hotel Das Rübezahl in Schwangau finden immer wieder Pflanzaktionen mit den Gästen statt. „Noch heute gibt es einige Gäste die jährlich nach „ihren“ Bäumchen schauen“, erzählt Familie Thurm begeistert. Wöchentlich sind die Gäste des Romantik-Boutiquehotels zudem eingeladen, an einer Imkerführung teilzunehmen. Diese Führungen haben schon einigen Gästen den Zugang zur Imker-Community eröffnet.

Es muss nicht immer das große Projekt sein und es muss auch kein Voluntourismus sein, um im Urlaub etwas Gutes zu tun. Wer nicht mehrere Monate Zeit hat, um einen Freiwilligendienst zu absolvieren, der ist besser beraten mit einer bewussten, nachhaltigen Reise. Damit tut man automatisch Gutes.